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Wessen Interessen vertritt die EU eigentlich?

28- Januar 2025

Interview mit Viktor Orbán in der Sendung „Guten Morgen, Ungarn“ von Radio Kossuth 24. Januar 2025

Wir sind nicht allein. Die Slowaken tun ja genau das, was wir tun. Wir haben die Polen verloren, aber sie werden dann zurückkommen, wie man an den Geschehnissen deutlich sehen kann, ist dies nur eine Frage der Zeit, Herr Babiš kommt zurück und die österreichische Regierung wird gleich gebildet werden.

Sie alle denken, wie wir, dass es nicht möglich ist, dass linksliberale Kräfte von Brüssel aus in unseren eigenen Ländern unterstützt werden.

Brüssel darf das nicht tun, es kann sich nicht einmischen. Deshalb ist also Brüssel in den Schraubstock zwischen den Amerikanern und den Mitteleuropäern, zwischen die Schraubstockbacken geraten, dort müssen wir gemeinsam dafür kämpfen, dass das aufhört. Ein weiterer Vorteil des Sieges von Präsident Trump, der anders spricht als sonst in der internationalen Politik üblich, ist, dass wir endlich sagen können, worum es in der Schlacht und im Kampf geht. Dieses liberale Brüsseler Blabla macht den politischen Kampf auch sprachlich schlüpfrig, die Rechtsstaatlichkeit, alle möglichen Dinge werden gesagt, die normale Menschen nicht einordnen können, wenn sie diese in ihrem eigenen Universum, in ihrem eigenen Kopf verstehen wollen, worum es genau im politischen Kampf geht. Jetzt, seitdem der Präsident wieder in Amerika zurück ist, ist das klar. Aus unserer Sicht geht es um die Frage – so heißt der Kampf –,

ob wir in Ungarn eine Marionettenregierung haben, die uns von Brüssel aufgezwungen wird, oder eine nationale Regierung.

Das war die Frage auch in Amerika. Liberal-demokratische Regierung oder nationale Regierung? Jetzt ist auch hier dasselbe die Frage. Eine uns von Brüssel aus aufgezwungene Marionettenregierung oder eine nationale Regierung? Bei allem ging es auch schon bisher darum, aber man konnte es nicht so gut formulieren. Aber ab jetzt ist es einfach geworden, und insofern machen die US-Präsidentschaftswahlen uns unsere Sache einfacher.

  • Und es gibt noch einen anderen Bereich, in dem sich Trump sehr deutlich geäußert hat, er hat diese Woche eine Reihe von Erklärungen zum Russland-Ukraine-Krieg abgegeben, aber dies besitzt auch noch einen anderen Aspekt, und das ist die Energie, denn in den letzten Wochen hat Kiew den Gashahn nach Europa zugedreht, und es gab auch eine Bedrohung für den Turkish Stream. Sie haben darüber in den letzten Tagen in Belgrad und dann in Bratislava verhandelt. Was ist das wichtigste Ergebnis dieser Gespräche hinsichtlich der inneren Energiesicherheit?

Orbán: Das Wichtigste ist, dass die Ukrainer uns zwar eins auswischen wollen, um es höflich auszudrücken, der Volksmund hat dafür auch stärkere Ausdrücke, sie wollen uns also eins auswischen, aber wir können uns schützen, wenn wir mit den Serben in einer Einheitsfront bleiben. Im Gegensatz zu der früheren Situation nämlich, also der Situation vor der nationalen Regierung, als Gas und damit wichtige Energie- und Energiesicherheitsrohstoffe nur über die Ukraine nach Ungarn gelangen konnten, hat die nationale Regierung eine Umgehung ausgebaut. Das ist die Südroute, über die wir das für Ungarn notwendige Gas importieren und sogar an unsere slowakischen Freunde liefern können. Klammer auf:

Ich erinnere mich gut daran, dass es Anfang der 2010er Jahre, also vor etwa zehn Jahren, eine riesige Debatte darüber gab, warum zum Teufel die ungarische Regierung das slowakisch-ungarische Gaspipelinesystem baute, warum sie die beiden Systeme dort, um Kassa herum, also im östlichen Teil, verband, weil es keine Notwendigkeit dafür gab, weil die Experten anhand der Zahlen gezeigt hatten, dass es sich niemals rentieren würde, und so weiter. Nun, wenn es das nicht geben würde, wären sowohl Ungarn als auch die Slowakei in Schwierigkeiten. Das zeigt also deutlich, dass enge Expertenkriterien wichtig sind, denn sie teilen und multiplizieren, sie rechnen, und das ist wichtiges Wissen, aber die Experten haben kein strategisches Wissen. Strategisches Wissen liegt in den Händen von Führungskräften mit politischer Verantwortung. Das Gleiche gilt für die Eisenbahnstrecke Budapest-Belgrad. Auch hier sehe ich: Klug daherreden, Rechnen, Lesen, das rentiert sich nicht, nicht dort, nicht so, und irgendwann wird sich herausstellen, dass diese Bahnlinie aus geostrategischer Sicherheitssicht unsere Nabelschnur sein wird. Das kann leicht passieren. Klammer zu.

Zurück zur Energie. Außerdem passt das alles in ein sanktionspolitisches System. Die Ukrainer können uns zwar in Sachen Energiesicherheit nicht eins auswischen, weil wir eine alternative Route haben, was der Weitsicht von Péter Szijjártó zu verdanken ist, aber was sie tun, lässt die Preise steigen. Selbst wenn wir in Ungarn Zugang zu Energie haben, wird diese teurer sein, als wenn sich die Ukrainer anständig verhalten würden. Wenn sie sich anständig verhalten würden, wenn sie uns nicht eins auswischen würden, wäre die Situation an den Tankstellen nicht so, und auch das Energiepreissystem in Mitteleuropa würde nicht so aussehen. Das ist jetzt deshalb wichtig, denn es waren ja nicht wir, sondern Brüssel, das bei Ausbruch des Krieges Sanktionen verhängt hat, um der Ukraine zu helfen. Das haben wir nie unterstützt. Das System der Sanktionen ist an sich schon schlimm, vor allem für uns, Ungarn. Aber obwohl Einstimmigkeit benötigt wird, haben wir kein Veto gegen das Sanktionssystem eingelegt, wir haben lieber Vergünstigungen für Ungarn ausgehandelt, aber wir haben kein Veto eingelegt, weil europäische Einigkeit in einer so wichtigen Frage ein wichtiger Wert ist.

Wenn Sie sich die Zahlen für die letzten drei Jahre ansehen, werden Sie feststellen, dass Ungarn in den letzten drei Jahren 19 Milliarden Euro aufgrund von Sanktionen verloren hat.

Das sind, wenn ich es ins Ungarische übersetze, 7.500 Milliarden Forint. Das ist ein enormer Betrag, viel mehr als alle ungarischen Bürger in einem Jahr an Einkommenssteuer in die ungarische Staatskasse einzahlen.

Sie haben uns also durch Sanktionen 7.500 Milliarden Forint weggenommen.

Und jetzt steht natürlich die Frage der Verlängerung der Sanktionen auf der Tagesordnung. Und ich habe die Handbremse angezogen und die europäischen Staats- und Regierungschefs gebeten, zu verstehen, dass es so nicht weitergehen kann. Es kann nicht sein, dass sie Ungarn den Preis für die Sanktionen in diesem Ausmaß bezahlen lassen. Ich bin sicher, dass auch andere zu den Verlierern gehören, aber das ist ihr Problem, nicht unseres, nicht meins, nicht das des ungarischen Staates, nicht das der ungarischen Regierung, sondern ihr Problem. Unser Problem ist, dass uns wegen der Sanktionen 7.500 Milliarden Forint aus der ungarischen Staatskasse fehlen. Und jetzt wischen uns die Ukrainer auch noch auf der Energieseite eins aus,

während die Sanktionen in ihrem Interesse sind, weil sie nicht zulassen, dass Gas von Russland nach Ungarn fließt. Das wird also nicht gehen, dass wir auf der einen Seite zahlen, um der Ukraine zu helfen, wir tragen die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen, und auf der anderen Seite wischen sie uns eins aus.

Das wird nicht gehen! Deshalb habe ich meinen Kollegen gesagt, sie sollen nett sein und dies verstehen. Wir bitten also um Hilfe. Wir bitten Sie, die Ukrainer aussprechen zu lassen, dass Sie die Gaspipeline wiederherstellen werden. Jetzt haben sie sie also geschlossen, sie soll, bitte schön, wieder geöffnet werden. Dies ist keine Frage für die Ukraine, es ist eine Frage für Europa und für Mitteleuropa. Und wenn die Ukrainer Hilfe wollen, zum Beispiel um die Russen zu sanktionieren, dann sollen sie die Gaspipeline wieder öffnen und den mitteleuropäischen Ländern, einschließlich Ungarn, erlauben, das von uns benötigte Gas durch die Ukraine zu importieren.

Zweitens sollte die Route, über die wir jetzt Gas importieren, nicht mit allen möglichen halblegalen militärischen Mitteln angegriffen werden, denn auch der Grenzpunkt auf russischem Gebiet, von dem aus das Gas aus dem Süden in Ungarn ankommt, wurde angegriffen. Sie sollen damit aufhören! Und drittens, geben sie uns die Garantie, dass die schmutzigen Dinge, die Sie uns gerade mit dem Gas angetan haben, sie nicht mit dem Öl wiederholen werden, denn auch das Öl kommt über sie, und das ist ein ernstes Risiko für Ungarn.

Wenn sie wollen, dass Europa die Russen auch weiterhin sanktioniert, und wenn sie wollen, dass wir den Preis dafür zahlen, dann tun sie uns wenigstens den Gefallen, unsere finanziellen Verluste zu verringern, indem sie sich nicht so verrückt verhalten, wie sie es jetzt tun.

Dieser Energiestreit ist also ein schwieriger Streit, weil er in diesem größeren Zusammenhang gesehen werden muss.

  • Wie stehen die Chancen dafür, denn andernfalls laufen die Sanktionen in einer Woche aus, so dass sie in einer Woche verlängert werden müssten, um nach dem 31. Januar in Kraft zu bleiben.

Das ist eine ganz einfache Sache, denn alles, was man braucht, ist, dass die Leute in Brüssel den Hörer abnehmen und sagen, liebe ukrainische Genossen, das war ein toller Spaß, er ist vorbei, ihr könnt das nicht machen. Und wenn ihr das mit den mitteleuropäischen Ländern macht, die unsere Mitglieder sind, weil wir nicht als Außenseiter sie um etwas bitten, dann sind wir in der Reihenfolge der Wichtigkeit vor der Ukraine.

Die Ukraine ist ein Kandidat, die Slowakei und Ungarn sind jeweils Mitglieder. Brüssel muss unsere Interessen vertreten. Liebe ukrainische Genossen, ihr müsst also verstehen, dass ihr den Ländern Mitteleuropas nicht eins auswischen könnt, die in eurem Interesse den Preis für die euren Interessen dienenden Sanktionen zahlen.

Also benehmt euch anständig, stellt diese Versorgung wieder her. Dies ist ein Telefongespräch, wenn es also einen Willen in Brüssel gibt, dann gibt es auch einen Weg. Und ich versuche, unsere Freunde in Brüssel davon zu überzeugen, uns dabei zu helfen.

Sie sollen nicht die Interessen der Ukraine gegenüber Ungarn vertreten, sondern die Interessen der mitteleuropäischen Länder gegenüber der Ukraine durchsetzen, die noch dazu uns ausgeliefert ist.

Sie sollten nicht versuchen, uns davon zu überzeugen, die Sanktionen nicht aufzuheben, sondern die Ukrainer davon zu überzeugen, die Voraussetzungen für die Fortführung der Sanktionen zu schaffen. Das ist es, worum wir sie bitten. Darüber gibt es jetzt einen ruhigen, besonnenen und ausgewogenen Dialog zwischen Brüssel und Budapest.

Zsolt Törőcsik hat Ministerpräsident Viktor Orbán zu den Bombendrohungen gegen Schulen, den Auswirkungen von Trumps Präsidentschaft und auch der Zukunft der EU-Sanktionen gegen Russland befragt.

Das vollständige Interview ist auf Ungarisch hier zu lesen: https://miniszterelnok.hu/orban-viktor-interjuja-a-kossuth-radio-jo-reggelt-magyarorszag-cimu-musoraban-2025-01-24/

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