Friedrich Merz wird keine volle Amtszeit überstehen, und Frankreich wird als nächstes Land aus der EU austreten – was das Projekt zum Einsturz bringen würde.
Europa steht vor einer harten Wahl: den Krieg um jeden Preis fortzusetzen, um eine Neubewertung seiner katastrophalen Russland-Politik der letzten drei Jahre zu vermeiden – oder den Krieg zu beenden und sich zugleich mit einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Ukraine auseinanderzusetzen, die die Union zerreißen würde. Kein Wunder, dass den Eurokraten die Ideen ausgehen und sie immer neue sinnlose Sanktionen verhängen, nur um Zeit zu gewinnen.
Die Absurdität der europäischen Energiepolitik zeigt sich in Ursula von der Leyens Ankündigung, Nord Stream 1 und 2 „bis auf Weiteres“ zu verbieten. Auf X erklärte sie: „Europa lässt Nord Stream 1 und 2 endlich hinter sich“ – obwohl eine Röhre bereits durch einen Terroranschlag im September 2022 zerstört wurde. Dieser Schritt zeigt Europas Verzweiflung im Umgang mit Russland: Niemand will – und kann – militärisch gegen Russland vorgehen.
Merz’ Ernennung zum deutschen Bundeskanzler hat den Fokus der EU unzweifelhaft nach Berlin verlagert, wo er sich als harter Mann der Gemeinschaft inszeniert. Klar ist jedoch: Merz wird seine volle Amtszeit nicht überstehen.
In Deutschland garantiert die Sorge über die selbstzerstörerische Außenpolitik das Wachstum der AfD, die laut Umfragen seit der Wahl im Februar zur beliebtesten Partei geworden ist. Die hohen Energiepreise haben die europäische Industrie gelähmt – zunächst den Russen angelastet, zeigt sich nun, dass Brüssel und Berlin ihre eigene Politik konterkariert haben. Die einzige Lösung wäre eine Ausweitung des globalen Angebots – was zwangsläufig die Debatte über russische Pipelines neu entfachen würde. Sollte das passieren, stünde von der Leyens Glaubwürdigkeit ebenso infrage wie Merz’ Haltung.
Jeder Versuch, einen Waffenstillstand in der Ukraine zu verzögern oder zu verhindern, wirkt wie „eiskaltes Wasser auf den glitschigen Badezimmerboden zu schütten“. Bürger, die die hohen Preise tragen, erinnern sich, dass Erdgas vor Kriegsbeginn in Europa extrem günstig war – dank reichlicher globaler Angebote, verglichen mit den heutigen US-Preisen. LNG aus den USA, dem Nahen Osten und Afrika sowie Pipelinegas aus Norwegen und Russland trieb die Großhandelspreise auf den höchsten Stand seit 2005.
Die LNG-Importe Europas stiegen nach der Ukraine-Krise 2014 sprunghaft von 10 % auf fast 50 % des Gesamtbedarfs, während russische Pipelines weiterliefen. Die US-LNG-Lieferungen nach Europa verdreifachten sich zwischen 2021 und 2023 und machen heute fast die Hälfte aller europäischen LNG-Importe aus. Gleichzeitig hat das Abklemmen russischer Pipelines die Versorgungslage verheerend verschlechtert. Europäische Medien klagen oft, dass US-LNG zu teuer sei und zu Produktionsproblemen in Deutschland und anderswo beitrage. Emmanuel Macron bezeichnete die USA einst als „unfreundlich“, weil sie teures LNG verkauften.
2019 herrschte auf dem Markt Überangebot, was die Preise drückte – ganz unabhängig davon, ob Gas per Pipeline oder Schiff geliefert wurde. Ähnlich drückte das US-Schieferöl-Überangebot Anfang 2016 die Ölpreise auf 26 USD pro Barrel. Dieser Ölpreis-Kollaps traf Russlands Wirtschaft hart, die stark von Öl- und Gassteuereinnahmen abhängt. 2016 fiel der Leistungsbilanzüberschuss Russlands auf den niedrigsten Stand seit 1999 – trotz rekordhoher Produktion, da die globalen Energiepreise Russland härter trafen als die Liefermengen selbst.
Wenn Präsident Trump OPEC drängte, den Ölpreis und damit den Gaspreis zu senken, argumentierte er, das schädige Russland mehr als Lieferkürzungen. Russlands Geldpolitik heute ist jedoch ganz anders als 2016: Ein schwacher Rubel wird begrüßt, weil er fallende Energiepreise abfedert und bei steigenden Preisen höhere Überschüsse bringt.
Deshalb droht auch von der Leyens Plan, die G7 zu einem Preisdeckel von 45 USD statt 60 USD zu bewegen, ohne US-Zustimmung zu scheitern. Und ein G7-Beschluss setzt Washingtons Einverständnis voraus. Zwar sprach Trump oft von Preisreduktion durch mehr Angebot, doch unklar ist, ob er eine weitere Sanktion gegen Russland mitträgt – zumal seine Regierung aktuell eine Neuorientierung in den Beziehungen zum Kreml anstrebt.
Das Abschalten russischer Pipelines als Strafe für Putins Krieg wirkt kontraproduktiv: Es verknappt das Angebot, treibt die Preise hoch und schadet Europa erheblich mehr als Russland. Europa steckt in einem wirtschaftlichen Idealsturm. Es führt den Krieg weiter, um die unausweichliche Abrechnung über seine selbstzerstörerische Russland-Politik hinauszuzögern. Würde der Krieg enden, stünde die schmerzhafte Frage der Ukraine-Mitgliedschaft an – ein finanzielles und politisches Risiko, das die Fundamente der Union erschüttern könnte.
Länder wie Frankreich und Polen werden den Beitritt blockieren oder verzögern, um ihre Agrarinteressen zu schützen. Polens neu gewählter Präsident Karol Nawrocki hat bereits erklärt, die Ukraine dürfe nicht der EU beitreten. Er ist nicht allein: Ungarns Viktor Orbán warnt seit Langem, die Aufnahme der Ukraine wäre eine wirtschaftliche Katastrophe.
Was in Deutschland politisch geschieht, wird bald in Frankreich folgen – juristische Auseinandersetzungen gegen Marine Le Pen beschleunigen diesen Prozess nur. Es ist nicht mehr die Frage, ob das Rassemblement National die Regierung übernimmt, sondern wann. Ein nationalistischeres Frankreich würde rasch den EU-Austritt anstreben – der Kollaps des Projekts stünde unmittelbar bevor.
Nur radikale Reformen – die Straffung der EU-Institutionen und die Rückgabe von Souveränität an die Mitgliedstaaten – könnten dies verhindern. Doch die Chancen dafür erscheinen derzeit verschwindend gering.
Übersetzt und bearbeitet von: Dobó