13. April 2025
Der Ungar Alexander Csoma de Körös (1784 bis 1842) studierte von 1816 bis 1818 Orientalistik an der Georgia Augusta. Ende 1819 brach er zu einer Asienreise auf, um die Heimat der Ur-Ungarn zu finden und zu erforschen – ein Traum, der sich nicht erfüllte. Im Sommer 1822 erreichte er schließlich den Himalaya, wo er viele Jahre in tibetischen Klöstern verbrachte und seine Hauptwerke verfasste: Mit der ersten tibetischen Grammatik und dem ersten Wörterbuch legte Csoma de Körös den Grundstein für die Tibetologie. Im Jahr 1842 starb er in Darjeeling am Fuße des Himalaya. Als erster Europäer wurde er in Japan zu einem buddhistischen Heiligen erklärt. (Göttinger Kluge Köpfe)
Auf dem English Cemetery von Darjeeling in Nordost-Indien liegt der Verfasser des ersten englisch-tibetischen Wörterbuchs, Kőrösi Csoma Sándor.
Er stammte aus Kőrös in Siebenbürgen (daher der Namensteil Kőrösi, was „Csoma Sándor aus Kőrös bedeutet), etwa 60 km nordöstlich von Brassó (Kronstadt/Brasov) gelegen. Seine Familie gehörte zur ungarischen Volksgruppe der Székler, die heute noch in Siebenbürgen leben. Aufgrund seiner Begabung konnte Csoma am Collegium Bethlenianum in Nagyenyed (Egidiopolis/Aiud) Philologie und Theologie studieren.
Im calvinistischen Bethlen-Collegium von Nagyenyed erfasste ihn der romantische Anspruch, die um jene Zeit heftig umstrittene Herkunft der Ungarn zu erforschen. Nach einer dieser Theorien stammten die Ungarn von den Xiongnu ab, einer Vereinigung von Reiterstämmen aus den südsibirischen Steppen, die zwischen dem 2. Jahrhundert vor und dem dritten Jahrhundert nach Chr. in einem zumeist (aber nicht immer) konfliktreichen und kriegerischen Verhältnis zur chinesischen Han-Dynastie standen. Zeitweise kontrollierten sie ein Gebiet von der heutigen Mongolei bis Zentralasien.
Mit einem Auslandsstipendium studierte er von 1815-1818 in Göttingen, Als Schüler von Johann Gottfried Eichhorn studierte er Orientalistik. Zu diesem Zeitpunkt beherrschte er bereits 13 Sprachen und fünf Alphabete. (In Göttingen hängt an dem Haus Weender Straße 31, wo er während seiner Studienzeit gewohnt hat, eine Gedenktafel.)
Im Jahr 1819 machte Csoma sich im Alter von 34 Jahren, zu Fuß auf die beschwerliche Reise nach Asien, mit der Absicht, die Urheimat der Ungarn zu entdecken. Sein Ziel waren die Westprovinzen Chinas, das heutige Xinjiang, das er aber nie erreichte. Das Reisen in jenen Zeiten war äußerst beschwerlich und gefährlich. Als armenischer Kaufmann verkleidet, kam er 1821 durch Persien nach Buchara und über Afghanistan 1823 nach Westindien.
„Ich habe mich entschlossen, mein Land zu verlassen und in den Osten zu gehen, um so bald wie möglich mein ganzes Leben den Wissenschaften zu widmen, die in der Zukunft für die europäische wissenschaftliche Welt im Allgemeinen von Nutzen sein können und ein interessantes Licht auf bestimmte Tatsachen in der Geschichte meiner Nation werfen, die noch im Dunkeln liegen.“
1822 lernte er in Indien einen englischen Regierungsbeauftragte, William Moorcroft kennen. Auf seine Anregung hin begann er, die tibetische Sprache und Literatur zu studieren, in der Hoffnung, in den alten Dokumenten Hinweise auf die Herkunft der Ungarn zu finden. In den nächsten sieben Jahren studierte Csoma tibetische Schriften, er las Tausende von Büchern in tibetischer Sprache. Mit Hilfe von Sangje Puncog und Lama Kunga Chöleg stellte er eine Abhandlung über die Geschichte, Geographie und Literatur Tibets sowie ein Glossar mit mehr als 30.000 Wörtern zusammen. Er arbeitete in Lehz, in Kaman und im Kloster Phuktal bzw. Zangla. Im Kloster Zangla war Csoma darauf angewiesen, in einer 3 x 3 Meter großen Zelle ohne Heizung und Feuer unter kältesten Bedingungen zu arbeiten, denn der ätzende Rauch des offenen Feuers, das nach tibetischer Sitte in dem Raum ohne Schornstein auf dem Boden brannte, machte es ihm unmöglich, zu lesen.
1831 ging er auf Einladung der Royal Asiatic Society of Bengal nach Kalkutta, wo er als Bibliothekar der Society arbeitete und seine Forschungsergebnisse sortierte.
1834 erschienen sein bahnbrechendes tibetanisch-englisches Wörterbuch (Essay towards a dictionary Tibetan and English) und eine tibetanische Grammatik (A grammar of the Tibetan language) in einer Auflage von 500-500 Exemplaren.
1842 trat er eine weitere Reise nach Tibet an, weiterhin auf der Suche nach dem Ursprung der Ungarn. „Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Vorfahren mehrere Jahrhunderte vor Christus aus diesen Regionen als Kultnationen abstammten.“ Auf dem Weg erkrankte er an Malaria und starb mit 58 Jahren. Begraben wurde er in Darjeeling.
Csoma war ein bescheidener Mann, der ein asketisches Leben führte und sich ganz der Wissenschaft widmete Er sprach an die 20 Sprachen, neben Tibetisch und Englisch natürlich seine Muttersprache Ungarisch, außerdem Hebräisch, Arabisch, Sanskrit, Paschtu, Griechisch, Latein, Deutsch, English, Türkisch, Persisch, Französisch, Russisch, Hindi, Mahratta und Bengalisch.
Sein Leistung war die – gründliche, zuverlässige und systematische – Einführung des gesamten Schrifttums einer Kultur in die westliche Welt, die dieser bis dahin völlig unbekannt war. Es war das wissenschaftliche Äquivalent zur Entdeckung eines neuen Kontinents. So gesehen kann sein Werk als eine der letzten großen europäischen Entdeckungen bezeichnet werden.