Paris, Rue de Rivoli. Die Ladenbesitzer bereiten sich auf die Verkündung der Ergebnisse der ersten Runde der Wahlen vor.
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01. Juli 2024 Magyar Hírlap von IRÉN RAB
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich stört der kumpelhafte, fraternisierende Stil der europäischen Politiker. Sie treffen sich zu einem Arbeitsessen, nennen sich beim Vornamen, umarmen sich, Wangenküsschen rechts-links, als wären sie am Vortag auf einer lockeren Party gewesen. Ich denke immer an den schönen Spruch über sie: ‚Ihr seid ein Haufen Halunken‚. Ich meine, die Leute, die sie in den Club reinlassen. Die Körpersprache des Volksredners vom LKW der TISZA-Partei (Neue – noch aus einem Mann bestehende Partei in Ungarn) sagte viel über den Einlassprozess aus. Auf der Terrasse des Hotel Hilton in Buda begrüßte er Manfred Weber noch untertänig, in Brüssel begrüßten sie sich bereits mit dem internen maskulinen Stirnreiben. Es war sofort klar, dass der kleine Abhörspezialist Péter Magyar in den Club aufgenommen worden war. In den Club, der die Wähler belogen hat.
Die schönen bunten Charts der EU zeigen, dass Europa nach rechts gerückt ist, mit einer Mehrheit von friedensfreundlichen, christlichen, nationalstaatlichen Kräften. Das Zünglein an der Waage, die Parteienfamilie, die sich einst Christlich-Demokratische Volkspartei nannte, die rechts der Mitte stand, hat sich geoutet und ist der Merkel-Methode folgend mit den Linken, den Sozialisten und den Liberalen zusammengezogen.
Denn mit den Rechten könnte man nicht, sie seien Populisten, Extremisten, Nationalisten, Faschisten, wie sich die Etiketten, die man ihnen im Laufe der Jahre angeheftet hatte, in das Bewusstsein der Massen eingebrannt haben.
Für mich erinnert diese ganze Sache an die volksfrontmäßige ungarische Oppositionskoalition. Auch dort war es egal, was die Wähler dachten, ob ein Rechtsaußen für die Sozialisten akzeptabel war, ob ein Postsozialist vom Programm der Grünen überzeugt werden konnte. Sie, die politischen Führer, dachten, dass diese Machttechnik auf Parteiebene funktionieren würde und dass die blinden Wähler diejenigen wählen würden, über die sie sagten, sie sollen sie wählen. Heuer hat man die Wähler bewusst in die Irre geführt, sie haben an die traditionellen christdemokratischen Werte geglaubt und sind vom auch äußerlich an einen Lenin-jünger erinnernden Volksparteichef Manfred Weber verraten worden.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs teilten die Führung unter sich auf, ohne Rücksicht auf den Wählerwillen.
Macrons Partei erhielt 15 Prozent, die von Scholz 13,9. Das schlechte Ergebnis führte zum Rücktritt des belgischen Premierministers, zur Abwahl von Rutte in den Niederlanden und zu einem Erdbeben bei den Wahlen zum Europäischen Parlament. Die künftige Führung Europas wurde also von Damen und Herren mit ungewisser Legitimität bestimmt. Der Gast des Abends war auch der Held unserer Zeiten, der die Freiheit Europas verteidigt und in seinem ramponierten Kriegsoutfit in der Mitte der Party posierte.
Da ist zum Beispiel die russenfeindliche Estin Kaja Kallas. Sie wurde zur EU-Kommissarin für die Außen- und Sicherheitspolitik gewählt und wird handeln, verhandeln, Vorschläge machen und eine Entscheidung zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland vorbereiten. Die Haltung der EU zu diesem Krieg ist vorhersehbar, denn Russophobie ist ein identitätsstiftendes Element für die Esten. Dieses Volk wurde von den Deutschordensrittern, den Dänen und den Schweden unterworfen, aber sie beziehen sich allein auf die Russen, vielleicht weil ihr historisches Gedächtnis kaum mehr als anderthalb Jahrhunderte zurückreicht. Ein Drittel der Bevölkerung des Landes sind Russen, die aus der Sowjetzeit übriggeblieben sind, und sie werden so behandelt, wie die Ukrainer ihre eigenen Russen behandeln, d.h. sie werden diskriminiert. Das stört natürlich niemanden in der EU, denn nationale Minderheiten sind Sache der Mitgliedstaaten. Es gibt auch kein Problem mit dem estnischen Sprachgesetz von 2011, das die ausschließliche Verwendung der estnischen Sprache nicht nur in der öffentlichen Verwaltung, sondern auch an öffentlichen Orten, einschließlich Kneipen, vorschreibt. Das Gesetz wird von der Sprachpolizei durchgesetzt. Die Russen werden nicht einmal beim Namen genannt, sondern als „Fremdsprachler“ bezeichnet.
Kallas ist die geschickte Premierministerin der estnischen Liberalen. Da es sich um ein kleines Land handelt, ist es verzeihlich, dass ihr Ehemann, Arvo Hallik, Eigentümer eines Unternehmens namens Novaria Consulting ist. Über dieses Unternehmen hat der clevere Ehemann einen Anteil von 30 % an Star Logistics erworben, einem Unternehmen, das mit Russland Geschäfte macht. Als all dies ans Licht kam, weigerte er sich, sich dazu zu äußern, was genau das Unternehmen nach Russland liefert und inwieweit es an der Umgehung der Sanktionen beteiligt ist.
Die Reaktion der estnischen Premierministerin war einfach, dass sie nicht alle Geschäfte ihres Mannes kenne. Obwohl sie ihrem Mann ein Darlehen in Höhe von 350.000 € für das Russlandgeschäft gewährt hatte, aber irgendwie konnte sie sich nicht erinnern, ob es wirklich dafür gewesen sei.
Jedenfalls hatte er bereits alles zurückgezahlt, da er das Geld für das neue Eigenheim brauchte, das die Familie gerade baute.
Oder da ist der designierte Präsident des Europäischen Rates, der braungebrannte portugiesische Sozialist António Costa. Er ist ein in Brüssel sehr beliebter Politiker, der seit acht Jahren zu den Abendessen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel gehörte, wo er sich durch seine gute Laune und seine Kompromissbereitschaft auszeichnete. Dann, eines schönen Tages im Jahr 2023 führte die Staatsanwaltschaft eine Razzia in seinem Haus durch, weil sie ihn der Korruption und Bestechung verdächtigte. In der Schreibtischschublade seines Stabschefs fanden sie 78 500 Euro in bar. Schon am nächsten Tag trat er freiwillig zurück, obwohl die Staatsanwaltschaft eine Woche später feststellte, dass sie sich geirrt haben sollte.
Es gab einen weiteren Costa, Costa Silva, in Costas Regierung. Es stellte sich heraus, dass die Namen vertauscht worden waren, der des Ministerpräsidenten mit dem des Wirtschaftsministers, und natürlich war letzterer der Schuldige. Er war für die Ausarbeitung des Sanierungsprogramms nach Covid verantwortlich, mit anderen Worten für die Ausgabe des Geldes, von dem wir Ungarn bis heute keinen Cent erhalten haben. Auch dieser Costa hatte kein Problem, er blieb in der Regierung, nur wurde er vom Wirtschaftsministerium ins Marineministerium versetzt. Übrigens,
in der 2022 gewählten Regierung Costa traten in 16 Monaten 13 Minister zurück, es gab mehr als 45 Hausdurchsuchungen, und ganz Portugal stank penetrant nach Korruption.
Über die Korruptionsskandale der erneut nominierten Kommissionspräsidentin Ursula, oder wie die Deutschen sie nennen: „Flinten-Uschi“, könnte man ein Buch schreiben. Der Spitzname haftete ihr während ihrer Jahre als Verteidigungsministerin an. Sie hat die Bundeswehr mit ihren unklugen Entscheidungen heruntergewirtschaftet, dubiose Korruptionsgeschäfte gemacht,
wurde aber von ihrer Freundin, Angela Merkel auf den EU-Kommissionsvorsitz gehievt, um einer Strafverfolgung zu entgehen.
Sie macht in Brüssel weiter, wo sie in Berlin aufgehört hat, bestellt immer noch per SMS, nur jetzt in größeren Mengen. Sie ist vor allem in den Bereichen Impfstoffe, Waffen und Agrarindustrie tätig. Die sie Nominierenden wissen das alles entweder nicht oder sind selbst Nutznießer von den Korruptionsskandalen.
Die Situation ist im Moment sehr spannend. Bereits im Jahr 2023 reichte ein belgischer Aktivist und Lobbyist namens Frederic Baldan eine Klage gegen die Präsidentin der Europäischen Kommission ein. Er warf ihr Amtsmissbrauch, Vernichtung öffentlicher Dokumente, illegale Interessenvertretung und Korruption vor. Die ursprünglich für Mai dieses Jahres angesetzte Verhandlung wurde auf Dezember verschoben, um den EP-Wahlkampf nicht zu stören.
Der Kläger reichte eine Beschwerde ein und beantragte beschleunigtes Verfahren. Er ist der Ansicht, dass Frau von der Leyen im Falle ihrer Wiederwahl ihre gesetzeswidrigen Praktiken in gewohnter Weise fortsetzen wird und ihre Position nutzen kann, um Druck auf die Gerichte, die Europäische Staatsanwaltschaft und auf ihn selbst auszuüben.
Er behauptet, dass ihm und den mehr als 500 Klägern, die sich der Klage angeschlossen haben, Vergeltungsmaßnahmen drohen, wenn von der Leyen wiedergewählt wird.
Es gibt auch einen Zuständigkeitsstreit darüber, ob ein belgisches Gericht in diesem Fall zuständig sei, da Fälle, die den Ruf der EU-Institutionen betreffen und das Vertrauen der EU-Bürger in die Institutionen beeinträchtigen, in die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft fallen.
Die belgischen Gerichte sind zunehmend mit EU-Korruptionsfällen überlastet, dennoch bestand die belgische Richterin darauf, diesen Fall zu bearbeiten. Vielleicht, weil sie Flinten-Uschi nicht weitere fünf Jahre an der Spitze Europas sehen möchte, oder vielleicht will sie einfach ihren Richtereid einhalten. Der Anwalt der Kläger hat die Hüterin der europäischen Werte, Vera Jurová, und den Vorsitzenden der EVP, Manfred Weber in einem Brief darum gebeten, von der Leyen zum Rücktritt zu bewegen. Selbst die EVP war zu der Anhörung geladen, aber niemand von ihnen erschien, weil die EVP das Verfahren hinauszögern wollte, um die wichtigsten EU-Posten noch vor dem Urteilsspruch vergeben zu können. Die belgische Richterin wertete das Fernbleiben als Missachtung des Gerichts, und entschied jedoch, den Anwalt des Klägers anzuhören, anstatt die Verhandlung zu vertagen, da sie die Dringlichkeit der Angelegenheit anerkannte.
Uschi hatte genau eine Woche Zeit, um vor dem belgischen Gericht etwas zu erreichen, aber keine Angst!
Am Tag vor dem EU-Gipfel wurde das Urteil verkündet, die Klage wurde abgewiesen und ihre Ernennung wurde genehmigt. Sie hat alles im Griff, denn sie hat alle in die Tasche gesteckt. Korruption durchdringt den Brüsseler Himmel. Zwei haben auf dem EU-Gipfel nicht für sie gestimmt, der ungarische Ministerpräsident und die italienische Premierministerin.
Ich habe soeben einige der Korruptionsfälle der neu gewählten EU- Verantwortlichen vorgestellt. Ich habe dabei auch einen Blick auf den Korruptionsindex von Transparency International geworfen. Er zeigt, dass Ungarn in der EU das korrupteste Land sei, also EU-Spitzenreiter, und in der Weltrangliste ist in Ungarn nach der Ära der Sozialisten Gyurcsány-Bajnai von Platz 42 jetzt auf Platz 76 gefallen. Im Gegensatz dazu ist Estland führend in der Region, ohne Korruption, die Deutschen sind Sechster, und Portugal liegt auf Platz 12. Natürlich gäbe es auch in Ungarn systemische Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit, zum Beispiel in der Praxis der Gerichtsbarkeit.
Wie gut, dass die Europäische Union und ihre Länder uns mit gutem Beispiel vorangehen können! Passen wir nur auf, dass wir ihnen nicht aus Versehen folgen!
Autorin, Dr Irén Rab ist Kulturhistorikerin, Chefredakteurin des Ungarnreals
Deutsche Übersetzung: Dr. Andrea Martin
MAGYARUL: