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13. Oktober 2024 Interview mit Viktor Orbán von Zsolt Törőcsik
Viktor Orbán: „Ich befand mich in der Tat in einer interessanten Situation, genau inmitten dieser. Ich bin dorthin gegangen, wie es sich gehört: Der ungarische Ratsvorsitz, wir haben ein Programm, es hat Tiefe, es ist ein gut durchdachtes Programm, ich denke, es ist eine ausgezeichnete professionelle Arbeit. Wir haben hier ein sehr gutes Team, angeführt von Minister János Bóka. Wir haben ein sehr hochwertiges Programm zusammengestellt. Außerdem sind wir nicht die Einzigen, die an solchen Programmen arbeiten, sondern der Draghi-Bericht ist inzwischen auch veröffentlicht worden, so dass sich auch andere ernsthafte Länder und Menschen mit den Problemen Europas befassen.
Man hätte also eine ziemlich niveauvolle Debatte darüber führen können, warum die europäische Wirtschaft in Schwierigkeiten steckt, warum die Amerikaner und die Chinesen an uns vorbeiziehen und was wir ändern müssen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Europäisches Geld, die Ersparnisse der Menschen, landen schließlich in Amerika, weil die europäische Wirtschaft sie nicht richtig nutzen kann. Da ist das Problem mit den Migranten, und auch darüber hätten wir reden müssen. Wir haben ein Problem mit dem grünen Übergang: Für Strom zahlen europäische Unternehmer zwei- oder dreimal mehr als Amerikaner, für Gas zahlen wir vier- oder fünfmal mehr, wie um alles in der Welt könnten wir so konkurrieren? Es gibt hier also Probleme, die man hätte diskutieren müssen, und ich hatte mich darauf auch vorbereitet. Nun, im Vergleich dazu ist es klar,
dass diejenigen, die zusammengekommen sind, in einem fiebrigen Zustand waren und keine ruhige, besonnene, intelligente Debatte über die größten Herausforderungen, vor denen Europa steht, führen wollten, sondern sich eine politische Schlägerei, ein Handgemenge, ein Schubsen, ein Hauen und Stechen – wie auch immer – vorgestellt haben, und sie haben uns angefallen.
Wenn zehn Leute auf dich losgehen, dann ist das Rock and Roll. Es gab dort also Rock ’n‘ Roll.
Ich befand mich in einer schwierigen Situation, denn schließlich sind die Ungarn ja ein höfliches, großzügiges, wohlerzogenes Volk, und wenn man zu einer solchen Debatte eingeladen wird und ein Thema hat, möchte man darüber sprechen. Aber wenn man auf diese Weise angefallen wird, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt es sein, und zuerst dachte ich, ich lasse es sein und konzentriere mich auf die Arbeit, aber es kamen so viele Leute, die so unhöflich waren, dass ich Angst hatte, dass wir, wenn wir weiterhin so höflich sind, als Trottel dastehen würden.
Also habe ich beschlossen, dass wir es nicht dabei belassen können, wir müssen es tun. Wir dürfen niemandem etwas schuldig bleiben. Ich dachte, dass sie für diese Situation verantwortlich sind, dass wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch heraus. Nun, jeder bekam, was er verdiente, ein paar verbale Ohrfeigen wurden dort ausgeteilt, und ich hielt mich nicht zurück, ich brachte alle meine Argumente, mein Wissen, meine Erkenntnisse vor, und ich versuchte, Ungarn zu verteidigen.
Nun, ich glaube, das hat alle schockiert, also wahrscheinlich nicht nur mich, sondern auch die ungarischen Zuschauer, die ein ganz anderes Bild von Europa in ihren Köpfen haben. Wir dachten, dass es dort intelligente Menschen gibt. Wir dachten, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments – natürlich gibt es unter ihnen einige seltsame Leute, die interessante Dinge sagen, aber dennoch – einen gewissen europäischen Standard repräsentieren würden.
Europäische Kultur ist ein qualitativer Begriff in den Köpfen der Ungarn. Und wir pflegen auch schlechte Dinge über ungarische Politiker zu sagen, und ich glaube, es gibt viele Leute, die denken, dass politische Debatten in Europa doch von höherer Qualität sind. Das ist aber nicht so! Jeder konnte sehen: Es war alles auf einem niedrigsten Niveau.
Wahrscheinlich stehen ziemlich viele Leute unter Schock. Auch ich war in einem solchen Kulturschockzustand, als ich sie dort beobachtete,
wie sie die Fakten ignorierten, wie sie voller Hass waren, wie sie ignorierten, warum wir überhaupt dort sind, Europa ignorierend, die Menschen in Europa ignorierend, nur Hass, nur Angriff…
Aber es beruhigt sich wieder. Auch ich bin jetzt darüber hinweg, so dass ich in der Lage war, darüber nachzudenken, was der Sinn dessen war, was dort passiert ist. Und ich habe versucht, die Bedeutung aus ungarischer Sicht zu entschlüsseln, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass, wenn unsere Sicht nicht durch diese Gräueltat und all diese Beleidigungen und Lügen getrübt ist, es sich letztendlich ganz klar abzeichnet, was passiert ist. Die Präsidentin der Europäischen Kommission und der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei,
Ursula von der Leyen und Herr Manfred Weber, haben angekündigt, dass sie die ungarische Regierung zu Fall bringen wollen. Sie haben angekündigt, dass sie eine andere Regierung wollen. Sie haben auch die Mitglieder dieser zukünftigen, sagen wir brüsselitischen Regierung benannt, weil diese nationale, souveräne ungarische Regierung für sie nicht gut ist. Und das haben sie ganz offen gesagt.
Ich habe auch schon bisher immer gedacht, dass sie das vorhatten, man muss kein Nobelpreisträger sein, um das herauszufinden, aber die Tatsache, dass sie das Ungarn oder der Welt offen ins Gesicht werfen, dass sie, anstatt sich mit europäischen Fragen zu befassen, die Regierung eines Mitgliedstaates stürzen und durch eine andere Regierung ersetzen wollen, die Offenheit und Schamlosigkeit dessen ist ungewöhnlich.
Und die beiden haben auch die Mitglieder der neuen ungarischen Regierung benannt. Die europäischen Sozialisten wollen Klára Dobrev entsenden, und sie haben sie auch nach vorne geschoben und ihr applaudiert, während die Volkspartei der Tisza-Partei mit Péter Magyar. Und sie haben deutlich gemacht, dass dies die Koalition ist, deren Vertrag im Grunde oder deren Ehe, vor unseren Augen geschlossen wurde. Als Priesterin oder Standesbeamtin zelebriert durch von der Leyen, der Zeuge war Manfred Weber, und die beiden betroffenen Parteien haben deutlich gesagt, dass sie bereit sind, dem nachzukommen, was Brüssel verlangt. Das bedeutet vier schwerwiegende Dinge. Und alle vier wurden auch akzeptiert.
Das eine ist, dass wir in den Krieg in der Ukraine einsteigen. Wir werden ihnen Waffen liefern und wir werden ihnen Geld aus dem ungarischen Haushalt geben. Es war klar, dass sie die Migrationspolitik Brüssels unterstützen: Die Migranten müssen reingelassen werden. Die Gesetze zum Schutz der Familie und zum Schutz der Kinder müssen abgeschafft werden. Und schließlich müssen wir uns auf den kalten Krieg in Wirtschaft und Handel einlassen. Dieses Abkommen wurde vor unseren Augen geschlossen.
Brüssel will also einen Sozialisten und ein Mitglied der Volkspartei in die künftige ungarische Regierung entsenden, die dann die wichtigsten Brüsseler Ziele unterstützen werden,
die die Ursache für die Konflikte zwischen Ungarn und Brüssel sind. Das Ende der souveränistischen ungarischen Politik, wir werden eine brüsselitische Regierung haben, und wir werden so aussehen wie diese Herren und Damen, die wir dort im Parlament haben sehen können. Das ist der Sinn dessen, was geschehen ist.“