16. Mai 2024 Budapester Zeitung von Rainer Ackermann
Von Mittwochabend bis Freitagnachmittag (8-10. Mai 2024) weilte der chinesische Staatspräsident in Ungarn. Es war der erste Besuch eines chinesischen Staatsoberhaupts seit zwanzig Jahren.
Am Donnerstagvormittag, 9. Mai wurden Staatspräsident Xi Jinping und seine Ehegattin mit militärischen Ehren auf dem Löwenhof der Budaer Burg empfangen. Sie nahmen die Zeremonie der Ehrenverbände der Ungarischen Armee gemeinsam mit ihrem Gastgeber, Staatspräsident Tamás Sulyok und dessen Ehefrau ab. Anschließend erwartete Sulyok den hohen Gast aus China zum offiziellen Empfang im Sándor-Palais. Xi erklärte,
Basis für die Zusammenarbeit der beiden Länder seien Respekt und gegenseitiges Vertrauen. „In der Not erkennt man seine wahren Freunde“,
zitierte der chinesische Staatsgast ein altes ungarisches Sprichwort. Sulyok verwies auf die Passage im ungarischen Grundgesetz, die Freiheit und Kultur anderer Völker zu respektieren und mit allen Völkern der Welt Kooperationen anzustreben. Ungarn sehe im Zusammenspiel von Ost und West keine Gefahren, sondern Chancen, und wolle in diesem Sinne auch weiterhin eine Brückenrolle einnehmen.
Chinas Staatspräsident wünschte Ungarn viel Erfolg für die Ratspräsidentschaft im II. Halbjahr, verbunden mit der Hoffnung, Budapest werde in der Gemeinschaft den pragmatischen Ansatz in den Beziehungen zu China voranbringen. Er lud seinen ungarischen Amtskollegen zu einem Besuch nach Peking ein. Sulyok nahm diese Einladung gerne an.
Am Donnerstagnachmittag fanden dann im Karmeliterkloster, dem Amtssitz von Ministerpräsident Viktor Orbán, zwei Verhandlungsrunden beider Delegationen statt. Teilnehmer waren von ungarischer Seite, neben Orbán unter anderem: Außenminister Péter Szijjártó, Finanzminister Mihály Varga, Wirtschaftsminister Márton Nagy, Bau- und Verkehrsminister János Lázár, EU-Minister János Bóka, HIPA-Chef István Joó sowie der politische Direktor des Ministerpräsidenten, Balázs Orbán.
Dynamische Wirtschaftsbeziehungen
Nach den mehrstündigen Verhandlungen traten Xi und Orbán, ebenfalls im Karmeliterkloster vor die Kameras. Beide sprachen von einer strategischen Partnerschaft.
„Wir leben in einer multipolaren Welt, die sich rasant verändert. Was konstant ist, ist jedoch die enge Freundschaft zwischen unseren Völkern“,
sagte Orbán zu Beginn der gemeinsamen Pressekonferenz.
Die wirtschaftlichen Beziehungen hätten sich in den letzten zwanzig Jahren intensiv entwickelt. Das Handelsvolumen habe sich in etwa vervierfacht. Aus Budapest gäbe es inzwischen Direktflüge in sieben chinesische Städte. Gab es einst kaum Investitionen aus China in Ungarn, laufen aktuell Projekte im Volumen von insgesamt 6.400 Mrd. Forint (ca. 16,5 Mrd. Euro).
Die Ungarn besitzen den Ehrgeiz, das 21. Jahrhundert für sich zu gewinnen, wobei ihnen die modernsten Technologien aus China helfen sollen.
Orbán nannte konkret Elektromobilität, Bahnverkehr und IT-Sektor, wo man auf die Unterstützung des großen Partners baue. Ungarn möchte wiederum seine Positionen als Agrarexporteur in China stärken und die bisherige Zusammenarbeit auch auf den Bereich Nuklearenergie ausweiten.
China und Ungarn – schon immer Freunde
Für eine fortgesetzte Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen sprach sich auch der chinesische Präsident aus. Xi Jinping erwähnte die Eisenbahnlinie Budapest-Belgrad als Vorzeigeprojekt. Das von China vorangetriebene Projekt der Neuen Seidenstraße sei kompatibel mit der ungarischen Politik der Ostöffnung.
„China und Ungarn waren schon immer Freunde, aber die Beziehung zwischen den beiden Ländern ist derzeit die beste in ihrer Geschichte“,
betonte Xi Jinping. Er wies darauf hin, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter ausgebaut werden sollten, weshalb eine Erklärung über eine umfassende strategische Partnerschaft ausgearbeitet worden sei.
Der chinesische Präsident erinnerte daran, dass dieses Jahr der 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen begangen wird. Beide Seiten hätten in den vergangenen 75 Jahren stets den Weg des gegenseitigen Respekts, der Gleichheit und des gegenseitigen Nutzens beschritten, um ihre Beziehungen in die richtige Richtung zu lenken.
China betrachte Europa als einen wichtigen Pol und unterstütze Ungarn dabei, eine gewichtigere Rolle in der EU zu spielen.
Vor der Pressekonferenz unterzeichneten die Vertreter beider Länder zahlreiche Abkommen und Absichtserklärungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Landwirtschaft, Medien und Kultur.
Originalerscheinung: https://www.budapester.hu/inland/china-ungarn-respekt-und-gegenseitiges-vertrauen