Ungarn liegt an der Grenze zwischen zwei Welten
5. März 2024 Auszug aus der Rede von Viktor Orbán zum Anlass der Eröffnung des Wirtschaftsjahres
Die politische Weltkarte wird neu gezeichnet und die wirtschaftliche Weltkarte wird auch neu gezeichnet. Dabei gibt es zwei Aspekte: einen geopolitischen und einen wirtschaftlichen Aspekt.
Ich möchte nur kurz auf jeden dieser Aspekte in ein paar Worten, in ein paar Sätzen eingehen.
Der geopolitische Wandel ist für uns wichtig, denn er stellt vor uns ein ernsthaftes Dilemma, vielleicht von historischem Ausmaß.
Wir sehen, dass die westliche Hälfte der Welt und die nicht-westliche Hälfte der Welt alles, was in der Welt geschieht, auf sehr unterschiedliche Weise beurteilen.
Ein Beispiel ist der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Der Westen hat sich ja in diesen Krieg eingemischt, er spricht von „unserem Krieg”, aber wir Ungarn sind die Ausnahme, während der Rest der Welt zumindest nicht in diesen Krieg verwickelt werden will oder, wenn er sich doch eindeutig äußert, eine eher pro-russische Haltung einnimmt. Sie haben sehen können, dass wir jetzt schon an einem Punkt angelangt sind, an dem in der europäischen Öffentlichkeit ernsthaft darüber diskutiert wird, ob Truppen in den russisch-ukrainischen Krieg entsandt werden sollen? Aber mit dem Konflikt in Taiwan verhält es sich genauso. Der Zusammenhang „ein China” – Taiwan wird von der westlichen Welt und vom Rest der Welt ganz anders beurteilt. Das gilt, mit kleinen Einschränkungen, Beschränkungen auch für die Situation im Nahen Osten.
Das bedeutet für Sie, dass Geopolitik und geopolitische Rivalität die Marktlogik außer Kraft setzen.
Die Weltwirtschaft wird also nach vielen Jahrzehnten nicht mehr in erster Linie nach wirtschaftlichen, sondern nach politischen Gesichtspunkten gestaltet.
Wir haben sogar den Punkt erreicht, an dem auch die technologische Entwicklung im Wesentlichen von politischen Erwägungen bestimmt wird. Das ist also das Umfeld, in dem Sie wirtschaften müssen, indem man gleichzeitig Beziehungen sowohl zur westlichen als auch zur östlichen Hälfte der Welt aufbaut. Für Ungarn ist es nicht gleichgültig, wie dieser Disput ausgeht. Eine Option, die in Westeuropa sehr starke Befürworter hat und die mit dem Kunstwort „Decoupling” oder „Derisking” bezeichnet wird, besteht darin,
dass sich der Westen so weit wie möglich vom Rest der Weltwirtschaft abkoppeln und das, was er hat, zu verteidigen versuchen sollte, denn durch die Konkurrenz aus dem Osten droht er nicht nur das zu verlieren, was er außerhalb seiner selbst erworben hat, sondern nun auch die Gebiete, die er beherrscht, sogar seine eigenen Binnenmärkte, die europäischen oder amerikanischen Märkte.
Und es gibt eine andere Denkweise, die besagt, dass es zweifellos stimmt, dass der Westen an Boden verliert. Der Grund dafür ist, dass wir nicht wettbewerbsfähig sind. Denn wenn wir wettbewerbsfähig wären, würden wir nicht mit politischen Mitteln versuchen wollen, den Vormarsch des Ostens zu stoppen, sondern wir würden versuchen, das gleiche Ziel in einem wirtschaftlichen Wettbewerb zu erreichen. Aber dazu sind wir im Moment nicht in der Lage, und es scheint mir, dass Europa nicht wirklich glaubt, dass es in der Lage ist, interne Veränderungen einzuleiten, interne Veränderungen, die im Grunde genommen Ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, also die der westlichen Unternehmer, auf das Niveau der östlichen Unternehmer anheben würden, im Interesse der wirtschaftlichen Effizienz, der Produktivität und der Effektivität.
Und soweit ich das sehe, ist der gleiche Gedanke auch in Amerika stark. Wie diese Debatte entschieden wird – ob es eine Konnektivität geben wird, ob die westliche und die östliche Hälfte der Welt wirtschaftlich miteinander verbunden werden und die wirtschaftliche Rationalität wieder die Oberhand gewinnt, oder ob es eine Trennung geben wird und die Politik den Verlauf der Technologie, der Wirtschaftsbeziehungen und des Handels diktiert –, wird für uns eine grundlegende Auswirkung auf die Perspektiven Ungarns haben.
Wenn der Kalte Krieg zurückkehrt, wenn es zu einer Trennung kommt, dann wird die Ost-West-Grenze auch hier irgendwo gezogen werden, nur diesmal nicht an der ungarischen Westgrenze, sondern an der ungarischen Ostgrenze.
Aber das ändert nichts am Kern der Sache, wir werden die trübe, staubige Peripherie einer westlichen Welt sein, die eigentlich niemanden interessiert.
Wenn es hingegen Zusammenarbeit und Handel gibt, dann stehen wir zwischen zwei Welten, als ein Land, in dem beide Welten ihre eigenen Möglichkeiten finden.
Deshalb sind heute in Ungarn Investitionen sehr wichtig, die dem Modell folgen, dass ein westeuropäisches Unternehmen kommt und daneben ein chinesisches oder südkoreanisches Unternehmen, und diese Unternehmen kooperieren in Ungarn.
Sie stellen ein Produkt, ein Endprodukt, in verschiedenen Fabriken her. Wir haben die Herausforderung angenommen, die ungarische Wirtschaftspolitik hat heute die Herausforderung angenommen und setzt darauf, dass es uns gelingen wird, diesen Zustand zwischen zwei Welten aufrechtzuerhalten: Es ist klar, dass wir Teil des Westens sind – EU-Mitgliedschaft, NATO-Mitgliedschaft –, aber wir trennen uns nicht vom östlichen Teil der Welt ab.
Diese Logik erklärt Ihnen vielleicht auch die außenpolitischen Schritte, die Ungarn in den letzten Jahren unternommen hat. Wir sind auch Mitglied des Türkischen Rates, wir wollen also die Zusammenarbeit mit der türkischen Welt, mit Zentralasien, mit China, aber auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland nicht aufgeben. Wir werden die Zusammenarbeit mit ihnen nur dort aufgeben, wo europäische Sanktionen sie ausschließen. Dort, wo sie es nicht ausschließen, ist unser Ziel gerade die Stärkung des Wirtschaftswachstums, denn es wird auch ein Leben nach dem Ende des Krieges geben. Es wird Handel geben, es wird eine Wirtschaft geben, und das wird für uns eine wichtige Beziehung und Marktchance sein.
Auszug aus der Rede von Viktor Orbán am 4. März 2024 bei der Ungarischen Handels- und Industriekammer aus Anlass der Eröffnung des Wirtschaftsjahres
Lasst uns wagen, Ungarisch zu denken!
9. März 2024 Vasárnapi Újság von Szilárd Demeter
Der rassische Klassenkampf gegen die weiße, christliche Kultur des Westens ist eine Legierung aus zwei Ideologien, die beide zu Diktaturen geführt haben. Wir wissen das zu genau, weil wir beides erlitten haben.
Kaum waren die „hundert Jahre ungarischer Einsamkeit” vorbei, wurden wir von der uferlosen Ausbreitung der Rechtsprechung und der alles in Schwarz und Weiß sehenden Kultur des Abschaffungismus überrollt. Der rassische Klassenkampf gegen die weiße, christliche Kultur des Westens ist eine Legierung aus zwei Ideologien, die beide zu Diktaturen geführt haben. Wir wissen das zu genau, weil wir beides erlitten haben.
Der neue Aufbruch ist also weder ein Aufbruch noch neu. Es ist praktisch dasselbe wie das, was der Dichter Attila József (1905-1947) „faschistischen Kommunismus“ nennt. Eine Mutation desselben totalitären Denkens, das vor einem Jahrhundert, sagen wir, die Gedanken von Nietzsche oder Marx „missverstanden“ hat. Man hat nicht daraus gelernt, man erzählt uns wieder die „neue” Geschichte des faschistischen Kommunismus.
Ich versuche, den heutigen „Kulturkampf“ einigermaßen ernst zu nehmen, aber es fällt mir schwer, denn er ist einfach lächerlich. Es ist eine verrückte Welt, in der wir leben.
Wir fingen damals an misstrauisch zu werden, als man unseren Fleischkonsum angegriffen hatte und seitdem geht es bei jedem Schnitzel nur noch um den Kampf für die Freiheit. Dann wurde das traditionelle Familienmodell (Vater-Mutter-Kind) ins Spiel gebracht und behauptet, es sei ein künstlicher Mythos. In der Tat, es ist kaum ein paar Tausend Jahre alt, es ist keine Tradition. Die Tradition wird demnach mitnichten durch die gelebte Vergangenheit, sondern durch die wunschgesteuerte Zukunft geschaffen.
Die Feministin sagt: Wenn du eine Frau bist, sei ein Mann. Der LGBTQ-Aktivist sagt: Wenn du ein Mann bist, sei eine Frau. Aber es ist am besten, beides zu sein und noch etwas anderes. Der BLM-Protestler will, dass Weiß schwarz ist, denn Schwarz ist das neue Weiß.
Der Fortschritt verleugnet seinen Vater, wage es nicht zu denken, trompeten sie, Dissens ist ein Gedankenverbrechen. Neue Marxisten und Libertäre sind die Ideologen, die den natürlichen Raum zwischen den Nationen als eine zu füllende Lücke sehen.
Doch was von dort aus als Befruchtung gilt, ist von hier aus gesehen Gewalt. In diesem Wahnsinn ist es nicht so selbstverständlich, den Europäer unter den Weißen, den Ungarn unter den Landsleuten zu erkennen.
Als Kind im Szeklerland in Siebenbürgen habe ich noch an die Enträtselung geglaubt und mir damals vorgestellt, dass alle unsere historischen Größen Sternsoldaten von Fürst Csaba waren, welche in Zeiten der Not die Ungarn anführen sollten.
Wir erkennen sie, weil sie nicht „Vorwärts!“, sondern „Folgt mir!“ ausrufen. Deshalb gehen wir Ungarn auch nicht verloren. Weder im Raum noch in der Zeit. Diejenigen, die uns vorausgegangen sind, haben uns den Weg seit tausendeinhundert Jahren gezeigt. Wer ihnen folgt, gehört zu uns. Und wir müssen uns nun mal bewegen.
Denn der Schriftsteller Sándor Márai (1900-1989) hat Recht, dass „die Dichter schon immer aus der Weide eine Heimat gemacht haben“, aber es ist unsere Pflicht, unsere Heimat als Heimat zu erleben und zu erhalten. Unsere Großen helfen uns dabei noch heute. Sie waren die Kämpfer für dieselbe Freiheit, die wir auch heute verteidigen. Sie wurden von demselben nationalen Impuls angetrieben, der sie dazu brachte, den Rahmen dieser Freiheit zu erweitern, der uns auch heute noch antreibt, von demselben Mutterland, aus dem sie flüchteten, und von demselben Boden, aus dem wir heute sprechen.
Unser letztes nationales Erwachen vor kaum zweihundert Jahren unterschied sich qualitativ von dem, von dem wir heute aus Übersee hören.
Wir haben nicht ausradiert, wir haben geschaffen. Wir haben nicht die Neins, sondern die Jas vervielfacht. Wir haben nicht aus einer Position der Opfer heraus angegriffen, sondern wir haben uns der Welt als Freiheitskämpfer gestellt.
Die Großen des Reformzeitalters waren die Ersten, die über Kants Aufklärungsimperativ hinausgingen: Sie wagten nicht nur zu denken, sondern auf Ungarisch zu denken. Diesen intellektuellen Mut brauchen wir heute umso mehr.
Wagen wir es, Ungarisch zu denken!
Autor, Szilárd Demeter ist Generaldirektor von Petőfi Literarisches Museum
Übersetzt von Dr. Andrea Martin
DEMETER SZILÁRD. MERJÜNK MAGYARUL GONDOLKODNI!
Alighogy véget ért a száz év magyar magány, lavinaszerűen ránk zúdult a parttalan jogszaporítás és a mindent fekete-fehérben látó eltörléskultúra. A nyugati fehér keresztény kultúrkör ellenében meghirdetett faji alapú osztályharc két olyan ideológia ötvözése, amelyek egyenként is diktatúrákhoz vezettek. Mi csak tudjuk, hisz mindkettőt megszenvedtük.
Az új ébredés tehát sem nem ébredés, sem nem új. Gyakorlatilag ugyanaz, amit József Attila „fasiszta kommunizmus“-nak nevez. Ugyanannak a totalitárius gondolkodásnak a mutációja, ami egy évszázaddal ezelőtt „félreértette“, mondjuk, Nietzschét vagy Marxot. Nem tanultak belőle, ismét mondják nekünk az új mesét, a fasiszta kommunizmusét.
Próbálom valamennyire komolyan venni a mai „kultúrharcot“, de elég nehezen megy, mert egyszerűen nevetséges. Bolond egy világot élünk. Akkor kezdhettünk el gyanakodni, amikor megtámadták a húsevést, azóta minden flekken szabadságharc.
Aztán a hagyományos családmodellt (apa-anya-gyerekek) kezdték ki, mondván, mesterséges mítosz. Tényleg, alig pár ezer éves, ez nem hagyomány. Hagyományt ezek szerint nem a megélt múlt, hanem a vágyvezérelt jövő teremt. A feminista azt mondja: ha nő vagy, légy férfi. Az LMBTQ-aktivista pedig azt: ha férfi vagy, légy nő. De a legjobb, ha mindkettő vagy egyszerre és még valami más is. A BLM-tüntető azt szeretné, hogy a fehér legyen fekete, mivelhogy a fekete az új fehér.
A progresszió megtagadja atyját, ne merj gondolkodni, harsogják, az eltérő vélemény gondolatbűn. Az újmarxisták és a liberárják azok az ideológusok, akik a nemzetek közötti természetes teret betömendő résként látják. Csakhogy ami onnan nézve megtermékenyítés, az innen nézve erőszak. Ebben az őrületben nem annyira magától értetődő köszönteni a fehérek között az európait, honfitársban a magyart.
Gyermekként Székelyföldön még hittem a megfejtést, akkoriban úgy képzeltem, hogy történelmi nagyságaink mind Csaba királyfi csillagkatonái, akiket szükség idején vezényelnek a magyarok élére. Onnan ismerjük fel őket, hogy nem azt mondják: „Előre!“, hanem azt: „Utánam!“
Ezért nem tévedünk el mi, magyarok. Sem térben, sem időben. Az előttünk járók mutatják az utat ezerszáz éve. Aki utánuk megy, az a miénk. És hát mozdulnunk kell. Mert igaza van Márainak, hogy „mindig a költők csináltak legelőből hazát“, de a hazát hazaként megélni és megtartani a mi dolgunk. Ebben ma is segítenek a nagyjaink. Ők ugyanannak a szabadságnak a harcosai, amelyet ma is védünk, ugyanaz a nemzeti felhajtóerő vette rá őket arra, hogy ennek a szabadságnak a kereteit tágítsák, mint ami ma is fűt bennünket, ugyanarról az anyaföldről rugaszkodtak el szárnyalni, ahonnan ma beszélünk.
A legutóbbi, szűk kétszáz évvel ezelőtti nemzeti ébredésünk minőségileg más volt, mint az, amiről manapság hallunk a tengerentúlról. Mi nem töröltünk, hanem létrehoztunk. Nem a nemeket szaporítottuk, hanem az igeneket. Nem áldozati pózból támadtunk, hanem szabadságharcosként feszültünk neki a világnak.
A reformkor nagyjai voltak az elsők, akik túlléptek a felvilágosodás Kant által megfogalmazott imperatívuszán: nem csak gondolkodni mertek, hanem magyarul mertek gondolkodni. Erre az intellektuális bátorságra ma még inkább szükségünk van.
Merjünk magyarul gondolkodni!
Erinnerungskultur: Fürst Pál Esterházy der V.
9. März 2024 Magyar Hírlap von IRÉN RAB
Die ungarische kollektive Erinnerung an das 20. Jahrhundert ist sehr merkwürdig. Viele blicken an die Kádár-Ära mit Nostalgie zurück. Die Zeitspanne nach dem Friedensschluss von Trianon, als man um den Erhalt des Ungartums kämpfte, wird dank des schulischen Unterrichts bis heute mit der Abstempelung durch die bolschewistische Doktrin „als gegenrevolutionär, faschistisch, nationalsozialistisch“ überzogen. Die Gehirnwäsche war erfolgreich.
Das Ende des Krieges, der in Ungarn als Befreiung deklariert wurde, war noch gar nicht erreicht, als die Provisorische Nationalversammlung auf dem Gebiet, das von den sowjetischen Truppen besetzt war, die Verordnung über die Erlangung des Landbesitzes für die bäuerliche Bevölkerung verabschiedet hatte. Nach umgekehrter Lesart:
die mehrheitlich linksgerichteten Parteien lösten das System des Großgrundbesitzes auf und installierten einen Bodenfonds, in dem der beschlagnahmte, enteignete und staatliche Grundbesitz aufgenommen wurde.
Es entstanden Kommissionen für Bodenverteilung, die über die Gebiete im Bodenfonds verfügen konnten. Es gab Bereiche, die im Besitz des Staates oder der Allgemeinheit belassen, während andere verteilt wurden. Wir sollten jetzt nicht dem Umstand nachgehen, welche Personen bei der Verteilung begünstigt wurden und wie diese zustande kam.
Aber diese erfolgte auch in Badacsony, wo die Kommission für Bodenverteilung über einem Gebiet von mehr als vier Tausend Morgen verfügen konnte. Der größte Verlierer von der Enteignung war Fürst Pál Esterházy der V., dreiviertel des beschlagnahmten Bodens betraf seinen Besitzt dort. Als größter Eigentümer einer Familienstiftung (fideicommissum) des Landes verlor er im ganzen Land natürlich viel mehr, etwa insgesamt das Hundertfache des Gutes in Badacsony-Csobánc.
Der Fürst jedoch benutzte nicht den durch seine Ländereien erwirtschafteten Reichtum für sich selbst, er beutete seine Arbeiter nicht aus, er lebte als guter Chef, als sein eigener, fleißigster Verwalter. Er gab hunderttausend Menschen Arbeit, er verteilte als ganz junger Besitzer Land an die auf seinen Gütern lebenden Leute und half ihnen fortwährend mit Lebensmittel, Brennholz. Seine Wohltätigkeitsaktionen an den Weihnachtsfeiertagen waren berühmt, als er unter den Armen in den Städten Brennmaterial, Mehl, Fleisch und Schmalz verteilte. Wo er konnte, half er. Er gründete Stiftungen und unterstützte mit nicht geringen Summen die Wissenschaft, die Kultur und die Kunst. Er nannte das als „Pflichtsteuer“.
Die Wohltätigkeit war in dieser Zeit keine Einzelerscheinung. Die ungarische Aristokratie verwendete einen Großteil seines Einkommens zur Unterstützung von humanen und gesellschaftlichen Zielen, um das durch den Friedensvertrag von Trianon geschwächte Land am Leben zu erhalten und aufblühen zu lassen, weil das im Interesse aller war.
Das riesige Vermögen bedeutete für sie eine große moralische Verantwortung und Grund für ein nationales Engagement. Und sie hatten Beispiele eines auf Jahrhunderte zurückgehenden Mäzenatentums vor Augen.
Der junge Pál Esterházy hatte großen Anteil an der Wiederbelebung nach dem Trianon-Schock, er unterstützte in den zwanziger Jahren die Arbeit der Ungarischen Wissenschaftsakademie, der Heiligen-Stephan-Akademie, der Péter-Pázmány-Universität mit mehreren Hunderttausenden, die Oper mit Millionen. Als es gelungen war, das kulturelle Institutionssystem zu stabilisieren, gründete er langfristige, mit hohen Summen ausgestattete Stipendien im Medizinbereich, Stipendien für bildenden Künstler und für Studenten. Während des zweiten Weltkrieges unterstützte er die Verfolgten materiell, er spendete zum Beispiel Hunderttausend Pengő zur Rettung der im Kloster der Vinzentinerinnen versteckten und gefährdeten jüdischen Kinder.
All das zählte nichts für die sich etablierende kommunistische Macht. Zunächst raubten sie ihm sein Vermögen, dann seinen Titel als Fürst und schließlich auch seine Freiheit. Dr. Paul Esterházy wurde Anfang 1949 im Schauprozess gegen Kardinal Mindszenty ein Angeklagter. Das Ziel des Prozesses war die Kirche und die Aristokratie moralisch um ihr Ansehen zu bringen. Das Konzept der Kommunisten wollte mit diesem Schlag neben der Kirche auch die Aristokratie treffen.
Einfach ausgedrückt, das Wesentliche war ein Exempel zu statuieren, damit die arbeitende Bevölkerung des Landes sieht, was die klerikale und weltliche Reaktion fertig bringen kann! Den Angeklagten wurde Kriegshetze, Spionage und Verschwörung vorgeworfen, aber im Urteil wurde sogar behauptet, dass sie sich geradezu zum Umsturz des demokratischen Staates organisiert hatten. Nach der Anklageschrift war der Fürst ein gewöhnlicher Devisenspekulant, der amerikanische und schweizerische Geldspenden annahm und diese unter den Bischöfen und den Priestern „mit faschistischer Mission“ verteilte, das restlich Geld aber zu einem Wucherumtauschkurs von 25-40 Forint verkaufte.
Das Verfahren wurde rasch durchgeführt, nach sechs Wochen Verhöre mit Folter wurde das Urteil im Februar 1949 schnell gefällt: fünfzehn Jahre Kerkerhaft, als Nebenstrafe zehn Jahre lang Ausschluss von öffentlichen Ämtern, Suspendierung von der Ausübung der bürgerlichen Rechte, sowie die Konfiszierung seines restlichen Vermögens. Während er im Gefängnis saß, wurde seine Familie aus Budapest in unmenschliche Verhältnisse deportiert. Die Freiheit erlangte er im Laufe der Revolution von 1956, die Annullierung des Urteils brachte die Neuverhandlung des Mindszenty-Prozesses im Jahr 1989. Man hat ihn von der Anklage freigesprochen, aber
sein Vermögen erhielt er nicht zurück, eine offizielle Rehabilitation, die Wiederherstellung der Ehre des Fürsten Pál Esterházy, sowie eine Entschuldigung erfolgte bis zum heutigen Tage nicht.
Das habe ich deshalb niedergeschrieben, weil die Nachwelt sehr stiefmütterlich mit dem letzten Chef der ehemals größten Familienstiftung umgeht, dessen Glaubenssatz war: „was ich dem Ungartum gebe, wird die Nation zurückerstattet bekommen.“
Die ungarische kollektive Erinnerung an das 20. Jahrhundert ist sehr merkwürdig. Viele blicken an die Kádár-Ära – ohne etwas von der wirklichen Funktion des Systems zu wissen – mit Nostalgie zurück. Die Zeitspanne nach dem Friedensschluss von Trianon, als man um den Erhalt des Ungartums kämpfte, wird dank des schulischen Unterrichts bis heute mit der Abstempelung durch die bolschewistische Doktrin „als gegenrevolutionär, faschistisch, nationalsozialistisch“ überzogen.
Die Gehirnwäsche war erfolgreich, der Name des größten Mäzens in der Zeit zwischen den Weltkriegen existiert im allgemeinen Bewusstsein weder im Land noch in dem lokalen Bereich.
In von mir so geliebtem Badacsony, wo Paul Esterházy ein weltberühmtes Weingut aufgebaut hatte, bewahrt weder eine Gedenktafel, noch ein Platz- oder Straßenname, nicht einmal die lokale Erinnerungskultur seinen Namen.
Doch war das Weingut in Badacsony als Teil des Landbesitzes von Csobánc seit 1669 ein Esterházy-Gut, wo man nach der Filoxerie mittels bewussten, modernen Methoden, mit der Herstellung von marktgerechten, reinrassigen Weinen den Weinbau in Badacsony auf ein europäisches Niveau anhob. Es wurde auf dem Gut ein Flaschenabfüllkeller eingerichtet und ab 1930 hatte man die gesamte Produktion in Flaschen in Umlauf gebracht, jährlich etwa eine halbe Million Flaschen. So war es auch möglich, die Märkte auch außerhalb von Europa zu erobern, weil der göttliche Trunk des Berges in Flaschen gut den Transport über der See vertrug.
Dieses fürstliche Gut in Badacsony, ein am besten eingerichtetes, mit seinen Weinen weltberühmt gewordenes Mustergut im Land wurde durch die Enteignung 1945 zerstört.
Dasselbe Schicksaal erlebte auch die Flaschenabfüllmanufaktur und der riesige Keller. Das Gebäude am Römerweg fällt ein, die heute als museumsreif geltende Ausstattung wurde auseinandergetragen, den Rest zerfraß der Rost. Das kommunistische System zerschlug auch die Erinnerung an den Fürsten, aus dem wohltätigen Mäzen wurde in dem durch die Ideologie umgestalteten, allgemeinen Bewusstsein auf einmal ein untreuer Verräter, ein Schacherer des ungarischen Volkes. Die Zeit vergisst schön langsam beide Versionen.
Die Wohltätigkeit hat keine Spuren weder auf dem Papier, noch in der Gegend hinterlassen. Was von der Entwicklung des Fürsten in Badacsony übrigblieb, das genießen sowohl die Einwohner der Ortschaft, als auch die hierher strömenden Touristen. Er erweiterten 1934 das ikonische Kisfaludy-Haus mit einem Seitenflügel, damit er „eine Weinwirtschaft nach echt ungarischem Geschmack“ einrichtet. Für den Ausbau des zum Haus führenden Kisfaludy-Weges und für die Stützmauer lieferte er die Basaltsteine. Wir könnten die fürstlichen Schenkungen weiter aufzählen, zum Beispiel das wertvolle Gebiet am Seeufer, das er vollkommen ohne Entgelt 1930 der Gemeinde überlassen hatte, damit sie ein Strandbad dort erbauen konnte. Das ist der auch heute noch bestehende Strand in Badacsony, aber ebenso gehören die Bereiche des Erlebnisparks und der Schiffsanlegestelle, sowie des hier befindlichen, namenlosen Platzes, dessen Bereinigung zusammen mit der Renovierung des Tátika-Gebäudes gerade fertig geworden ist, dazu.
Die Einheimischen, die die Geschichte des Fürsten kennen, hätten es gern, wenn der Namensgeber dieses Platzes Fürst Paul Esterházy der V. sein würde. Dann würden die mit dem Schiff in Badacsony ankommenden Touristen mit einigen wichtigen Informationen über unserer Vergangenheit reicher und könnten mit anderen Gedanken auf dem zum Kisfaludy-Haus führenden Weg hinaufspazieren. Vielleicht würde sich dann auch unsere Erinnerungskultur in die richtige Richtung, in die Richtung der Behütung unserer Werte bewegen.
Autorin, Dr. Irén Rab ist Kulturhistorikerin
Deutsche Übersetzung von Dr. Gábor Bayor
MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20240307-emlekezetkultura
Bildquelle: Magyar Nemzeti Digitális Archvium
Wir sind keine Diener, wir sind Verbündete
12. März 2024, Auszug aus dem Exklusivinterview von Viktor Orbán über seine Reise in der USA
- Sie sind gerade zu Hause angekommen und haben am Freitag Donald Trump getroffen. Sie haben Trump als einen Garanten des Friedens bezeichnet, dem übrigens laut einer Umfrage die Mehrheit der Ungarn zustimmt. Warum glauben Sie das?
Ich bin nach Amerika gereist, weil erstens der Präsident mich eingeladen hat und weil zweitens es dort etwas zu tun gab. Angesichts der Tatsache, dass die amerikanisch-ungarischen Beziehungen in der politischen Welt heute ausgesprochen schlecht sind, obwohl wir Verbündete sind, habe ich versucht, diese Beziehungen zu verbessern. Ich bin also nach Amerika gereist, um die ungarisch-amerikanische politische Freundschaft wiederherzustellen. Mit der derzeitigen Regierung funktioniert das nicht. Dafür gibt es einen Grund.
Die jetzige Regierung in Washington, die Demokraten stellen den Präsidenten, und sie sind für den Krieg. Und wir sind eine Pro-Friedens-Regierung, wir vertreten also nicht die gleichen Positionen. Präsident Trump hingegen war ein Präsident des Friedens. In seinem Fall ist es auch keine Katz im Sack, denn er war schon Präsident, also wissen wir genau, was passieren wird. In seinen ersten vier Jahren hat er Kriege beendet. Er war der erste Präsident seit langer Zeit, der während seiner Amtszeit keinen Krieg begonnen hat. Wir wissen also über ihn, wir wissen aus seiner Präsidentschaft, dass er ein Mann des Friedens ist. Und er macht auch jetzt keinen Hehl aus seinen Ansichten, er hat deutlich gemacht, dass es sein Ziel ist, den russisch-ukrainischen Krieg zu befrieden. Auch
wir wollen nichts anderes als den Frieden, einen möglichst baldigen Waffenstillstand, ein möglichst baldiges Ende dieses Krieges, der sich langsam ins Unendliche erstreckt.
Ich sehe niemanden, der so entschlossen und stark ist wie Donald Trump, der dazu fähig wäre.
- Wie sehr versteht Donald Trump die Position oder das Konzept Ungarns im russisch-ukrainischen Konflikt, insbesondere im Hinblick auf die Ungarn in Transkarpatien und unsere geografische Lage? Wie sehr versteht er, dass es in unserem vitalen Interesse ist, in unserem elementaren Interesse, Frieden in unserer Nachbarschaft zu haben?
Die Amerikaner sind im Allgemeinen mit der europäischen Kultur und Geschichte nicht im Detail vertraut. Sie haben natürlich eine Bildung und ein Wissen über die Welt und somit auch über Europa. Was die Amerikaner verstehen, ist soviel, dass wir ein Nachbarland sind. Und wenn dein Nachbar im Krieg ist, ist das schlecht für dich. Ich könnte auch sagen, dass die Amerikaner als Geschäftsleute genau wissen, dass der Wert deines Eigentums, deines Hauses, sinkt, wenn es in deiner Nachbarschaft einen Streit oder einen Krieg gibt. Soviel verstehen sie. Sie wissen also, dass wir um unserer selbst willen am Frieden interessiert sein müssen – moralische Erwägungen und geopolitische Ansichten einmal beiseitegelassen – und dass wir um unserer eigenen natürlichen nationalen Interessen willen am Frieden interessiert sein müssen, und deshalb können sie auf uns bei der Schaffung des Friedens zählen.
- Vor ein paar Tagen sagten Sie auf dem Diplomatischen Forum in Antalya, dass wenn Donald Trump zurückkäme, er den Krieg beenden würde. IUnd gestern hat auch die deutsche Bild-Zeitung berichtet, dass Trump einen geheimen Plan hat, wie man den Krieg beenden kann. Haben sie darüber auch im Detail gesprochen?
Ja, er hat ziemlich detaillierte Pläne, wie dieser Krieg zu beenden ist, aber ich bin nicht befugt, über die Pläne des amerikanischen, des zukünftigen amerikanischen Präsidenten zu sprechen, also bitte fragen Sie ihn dann persönlich. Ich kann nur sagen, dass seine Pläne mit dem Interesse Ungarns übereinstimmen.
- Dante schreibt, dass der heißeste Platz in der Hölle für diejenigen reserviert ist, die in Zeiten der moralischen Krise ihre Neutralität bewahrt haben. Sie haben eindeutig für eine konservative, trumpsche Politik Partei ergriffen, das heißt, leben wir in Zeiten, in denen dies notwendig ist?
Wir befinden uns in einer besonderen Situation. Wie sehen uns die Amerikaner? Ich war ja nicht nur beim Präsidenten, ich habe auch einen Vortrag bei der Heritage Foundation gehalten. Das ist das Institut, das das Programm von Präsident Trump schreibt, das detaillierte Fachprogramm, das ist die Stiftung, die es für den Präsidenten vorbereitet, die auch die Leute für die zukünftige US-Regierung rekrutiert. Und Ungarn hat dort einen besonderen Platz, was von hier aus sehr überraschend ist. Schließlich sind wir ein Land mit zehn Millionen Einwohnern, eine Nation mit fünfzehn Millionen Menschen, und sie sind fast 400 Millionen Menschen, und unsere Armee ist das eine und die ihre das andere, und ihre Wirtschaftsleistung ist die eine und die unsere ist das andere… Es wäre normal, wenn es andersherum wäre, wenn wir sie beobachten und sehen würden, was wir von ihnen lernen können. Aber jetzt ist es genau andersherum. So wird Ungarn heute also in Amerika als ein besonderer Ort angesehen. Ein Ort, der anders ist als die anderen. Sie sehen Europa heute als einen großen liberalen, progressiven, liberalen Ozean.
Und es gibt eine Insel, eine einzige Insel darin, und das ist Ungarn, das versucht, anders zu leben, anders zu denken, sich anders zu verhalten. Sagen wir, es macht konservative Politik in ihrer Sprache. Und nicht nur darüber reden, wie in Amerika, sondern es auch tun. Wir haben also heute in Amerika viel Ansehen, weil wir Dinge getan haben, die sie gerne tun würden, aber es geht einfach nicht.
Dies klingt für uns seltsam, weil diese Dinge für uns so natürlich sind wie das Atmen, aber wo diese Dinge fehlen, ist der Wert dieser Dinge enorm. Zum Beispiel ist die öffentliche Sicherheit so eine Sache. So wird Ungarn heute in den Vereinigten Staaten deshalb geachtet, weil es das sicherste Land Europas ist. Hier spricht man nicht gegen die Polizei, wie in Amerika, man spricht nicht von den Rechten der Kriminellen, sondern von den Rechten des Opfers und der Polizei. Wir erhöhen die Zahl der Polizeibeamten, wir verschärfen das Strafgesetzbuch, und wir haben die öffentliche Ordnung seit 2010 so weit wiederhergestellt, dass wir das sicherste Land in Europa sind, das von allen anerkannt wird. In Amerika ist das eine fantastische Sache, für uns ist es eine Selbstverständlichkeit.
Oder die Migration: Auch sie wollen die Migration stoppen, sie können es nur nicht. Der derzeitige Präsident will das auch gar nicht, aber selbst Präsident Trump hatte es schwer, als er es wollte. Die Tatsache, dass
Ungarn ein Ort in Europa ist, an dem gesagt wird, dass Migration gefährlich ist, dass das illegale Überschreiten der Grenze ein Verbrechen ist,
dass du nicht berechtigt bist, in Ungarn zu bleiben, wenn du illegal eingereist bist, und dass wir dich von hier aus zurückschicken werden, und du kannst hier kein Asyl beantragen, wenn du illegal eingereist bist, du musst das in einer ungarischen Botschaft tun und draußen warten, und wenn wir sagen, du kannst kommen oder wir sagen, du kannst nicht kommen, musst du das zur Kenntnis nehmen. Aber bis dahin kannst du. Und wir haben einen Zaun, der von Polizei und Soldaten bewacht wird. Das würde man in Amerika gern haben. Dort kommen die illegalen Einwanderer zu Millionen ins Land, das ist ein riesiges Problem in Amerika. Hier ist dies ein gelöstes Problem. Für sie ist es eine Kuriosität, dass es ein Land in Europa gibt, das während ganz Europa die Migration besingt und sagt, dass sie wichtig ist, dass sie positive Auswirkungen hat, gibt es ein Land, das Nein sagt und das auch durchsetzen kann. Die Amerikaner schätzen, interpretieren und würdigen diese Dinge.
So ist es auch mit der Familie. Die Tatsache, dass Ungarn für die Werte der Familie eintritt, während in ganz Westeuropa alle über LGBTQ-Verrücktheiten reden, und dass wir die Werte der Familie in der Verfassung schützen, ist etwas, das in Amerika respektiert wird.
Wir sind also in Bezug auf Anerkennung und Prestige in einer besseren Position, als wir zu denken pflegen.
- Auf jeden Fall ist es unbestreitbar, dass es noch nie eine solche Übereinstimmung zwischen den politischen Philosophien etwa einer Weltmacht gegeben hat, nämlich zwischen Amerika und Ungarn, und auch die Überschneidung zwischen der konservativen amerikanischen und der konservativen ungarischen Politik ist offensichtlich. Sie haben einige der Themen angesprochen, die Sie diskutiert haben. Was kam dabei noch zur Sprache?
Es gibt noch einen weiteren Punkt, der erwähnenswert ist. Die Amerikaner respektieren Leistung und Erfahrung. Und, nun ja, ich bin ein alter Hase in dieser Sache und habe jeden amerikanischen Präsidenten seit George Bush senior persönlich getroffen. Ich habe sie alle gekannt, hatte irgendeine Beziehung zu ihrer Politik – von Bush bis zur derzeitigen demokratischen Regierung, wenn auch sonst nirgends, treffen wir uns regelmäßig auf NATO-Gipfeln.
Die amerikanischen Republikaner verstehen also, dass wir uns in einer sehr schwierigen Phase der amerikanisch-ungarischen Beziehungen befinden, weil die amerikanische Regierung von Ungarn Dinge erwartet, die wir nicht tun wollen und nicht erfüllen können. Zum Beispiel erwarten sie von uns, dass wir in den Krieg eintreten – aber wir wollen nicht in den Krieg eintreten. Sie erwarten von uns, dass wir sagen, was sie sagen, nämlich dass die Migration eine gute Sache ist, die nur gut gesteuert werden muss – aber wir halten sie für eine schlechte Sache und sollten sie nicht steuern. Sie erwarten von uns, dass wir LGBTQ-Rechte und dieses ganze verkorkste, bunte Koexistenzsystem unterstützen, das sie so sehr mögen – aber wir glauben an die Familie. Und dann gibt es noch einige weitere dieser starken Meinungsverschiedenheiten.
Die derzeitige US-Regierung ist zu dem Schluss gekommen, dass sie sich mit uns nicht einigen kann, also besteht die einzige Lösung darin, uns zu ersetzen. Deshalb gibt die derzeitige US-Regierung offen Geld an die linke Opposition, an linke Journalisten, an linke Medien, an linke Nichtregierungsorganisationen, um sie zu stärken, um einen Regierungswechsel zu erreichen.
Das stört natürlich die Beziehungen, deshalb ist es doch schwierig. Wir sind Verbündete, keine Diener. Die Republikaner spüren, dass das jetzt nicht in Ordnung ist. Und das hat auch einen wirtschaftlichen Preis, denn Ungarn hat ein großes wirtschaftliches Potenzial, und die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist gut gelaufen, aber die derzeitige politische Situation ist der wirtschaftlichen Zusammenarbeit nicht förderlich. Also war ein weiteres wichtiges Thema, das wir mit Präsident Trump erörtert haben, daher die Frage, wie die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den USA und Ungarn einen neuen und wichtigen Impuls erhalten kann.
- Die feste unterstützende Haltung in Bezug auf Trump ist ganz anders als die Art und Weise, wie europäische führende Politiker über Trump sprechen. Wenn ich die westeuropäische Presse lese, habe ich das Gefühl, dass dies auch gegenüber Ihnen eher Öl aufs Feuer war. Was denken Sie darüber?
Tatsache ist, dass die demokratische US-Regierung und die Führung der größten EU-Mitgliedstaaten heute alle auf derselben Wellenlänge sind. Es sind Pro-Kriegs-Regierungen. Donald Trump ist für den Frieden und Ungarn ist für den Frieden. Hinter all dem steckt dieser Unterschied. Und dann wird es ausgemalt, kosmetisiert, verkleidet, in demokratischen Glanz gehüllt oder es wird über Diktatur gesprochen. Mit der Realität hat das nichts zu tun, das weiß jeder. Es ist sehr schwer, in Ungarn Wahlen zu gewinnen, und es gibt sehr große politische Kämpfe in Ungarn, was ein Beweis für die Demokratie ist.
Es geht um mehr als nur um Kritik, Trump hat eine sehr klare Vision, der man nur schwer nicht zustimmen kann. Hier ist also, was er sagt. Erstens wird er keinen Pfennig für den ukrainisch-russischen Krieg ausgeben. Deshalb wird der Krieg zu Ende sein, denn es ist offensichtlich, dass die Ukraine nicht auf eigenen Füßen stehen kann. Wenn die Amerikaner kein Geld und keine Waffen geben und die Europäer auch nicht, dann ist dieser Krieg zu Ende. Und wenn die Amerikaner kein Geld geben, werden die Europäer allein nicht in der Lage sein, diesen Krieg zu finanzieren, und dann wird der Krieg zu Ende sein. Präsident Trump ist noch nicht Präsident, aber seine Partei in der amerikanischen Legislative verhindert heute, dass die Demokraten Geld für den Krieg geben können. Wenn er zurückkommt, wird er keine solche Initiative ergreifen, er wird keinen einzigen Penny geben. Damit wird auch der Krieg zu Ende sein.
Wie und unter welchen Bedingungen nach dem Waffenstillstand dieser mit Friedensverhandlungen und der Schaffung eines stabilen, berechenbaren, sicheren Europas abgeschlossen werden soll, ist eine andere Frage.
Aber zuerst muss Frieden geschlossen werden, und er hat die Mittel dazu. Und er sagt auch, er wolle die Sicherheit Europas anstatt der Europäer finanzieren. Wenn die Europäer Angst vor den Russen haben oder generell ein hohes Maß an Sicherheit wollen, dann sollen sie dafür bezahlen. Entweder bauen sie ihre eigene Armee auf, ihre eigene Ausrüstung, oder wenn sie die Amerikaner dazu benutzen, dann zahlen sie den Amerikanern den Preis, den Preis der Sicherheit. Er spricht also klar und deutlich.
- Die US-Präsidentschaftswahlen finden im November statt, und bis dahin wird noch viel Wasser auch die Donau hinunterfließen. Man hat versucht und man wird offensichtlich versuchen, Trumps Wahl zum Präsidenten zu verhindern, auch mit konventionellen und kontroversen Mitteln. Hat es irgendeine Diskussion darüber gegeben, wie real diese Bedrohung ist? Ganz allgemein: Wie haben Sie den Wahlkampf erlebt?
Wir haben natürlich auch über den Wahlkampf gesprochen. Aber ich habe meine eigene Meinung zu diesem ganzen Phänomen, dass sie den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten daran hindern wollen, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, was von hier aus, aus Mitteleuropa, wo es eine lange Zeit der kommunistischen Diktatur und der sowjetischen Besatzung gab, die Mittel, jemanden an der Kandidatur zu hindern, eher in den Werkzeugkasten der Diktatur gehören. Wir reden hier nicht über etwas, das der amerikanischen Demokratie würdig wäre. Aber ich denke, es ist gut für den Präsidenten. Ich habe die Erfahrung gemacht – und ich bin schon lange in diesem Sport, wenn ich das sagen darf –, dass man nur gewinnen kann, wenn man dafür gelitten hat. Und er leidet dafür jetzt, denn was er durchmachen muss, ist fast beispiellos. Das ist also kein Sieg, den er geschenkt bekommt, also wird er leiden und er wird ihn bekommen. Ich bin mir sehr sicher, dass jeder, der ein solches Fegefeuer, einen solchen Prozess durchgemacht hat, bei dem man ihn einsperren, vor Gericht bringen, ihm sein Vermögen wegnehmen, ihn von der Kandidatur ausschließen will,
aber er kämpft trotzdem immer noch und tritt am Ende an, das ist wie das im ungarischen Volksmärchen zu sein pflegt: Am Ende wird er dann gewinnen.
- Wenn Trump Präsident wird, was würde das für die Beziehungen zwischen den USA und Ungarn bedeuten?
Wir haben gerade über Politik und Frieden gesprochen und darüber, dass Ungarn für seine Leistung respektiert wird, aber es würde auch viel für die Wirtschaft bedeuten. Heute hat Ungarn 9 Milliarden Euro an US-Investitionen, und auch der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern, beträgt etwa 9 Milliarden Euro. Wir profitieren davon mit 3 Milliarden Euro, wir sind also diejenigen, die von den amerikanisch-ungarischen Beziehungen profitieren. Es ist ein Glück, dass der Präsident mit China beschäftigt ist, denn sie verlieren noch mehr, und ich denke, dass diese kleinen 3 Milliarden Euro werden auch in Zukunft in die amerikanisch-ungarischen Beziehungen einen Platz haben. Das ist wichtig für uns.
Es gibt hier doch einige ernstzunehmende amerikanische Unternehmen, die in seiner Zeit gestärkt wurden. Nun, da die derzeitige US-Regierung die Doppelbesteuerungsgesetze aufgehoben und keine neuen verabschiedet hat, ist dies ein ernsthaftes Hindernis für die Stärkung unserer Beziehungen. Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass dieses Investitions- und Handelsvolumen von 9 Milliarden Euro verdoppelt werden kann – natürlich wird es einige Jahre dauern, aber es ist ein realistisches Ziel – und wir können es verdoppeln.
Es würde für die ungarische Wirtschaft sehr viel bedeuten, wenn die Vereinigten Staaten, die unsere Verbündeten und Freunde sind, Ungarn ebenfalls als ein vorrangiges Ziel für wirtschaftliche Investitionen betrachten würden. Die ungarische Wirtschaft und damit auch das ungarische Volk würden davon sehr profitieren.
- Aber was würde es bedeuten, wenn anstelle von Trump, sagen wir, Biden Präsident wird? Sie haben eigentlich für seinen Rivalen die Daumen gedrückt.
Das wäre schlecht.
Viktor Orbáns Exklusivinterview für M1, geführt von Tünde Volf-Nagy