17. April 2025 via Budapester Zeitung
Tisza-Partei: Man hört auf die „Stimme der Nation“
„Wir müssen ein humanes Ungarn erschaffen“, leitete Péter Magyar aus den Ergebnissen der Volksbefragung ab, die er am Sonntag bekanntgab. Die Tisza-Partei hatte ihre Anhänger mit der Initiative „Die Stimme der Nation“ gebeten, Stellung zu gesellschaftlich relevanten Fragen zu beziehen. Knapp 1,15 Mio. Stimmen gingen ein, die mehrheitlich mit einem „Ja“ die Ausrichtung der Tisza-Partei bekräftigten. In diesem Sinne erklärte deren Vorsitzender bei der Ergebnisverkündung am Sonntagabend in Budapest, Ungarn wolle wieder ein stolzer und zuverlässiger Verbündeter der NATO und ein vollwertiges Mitglied der EU werden.
Gesundung der Gesellschaft
Indem die Tisza-Partei die wegen der systemischen Korruption blockierten EU-Gelder zurückholt, werde die Grundlage für eine „wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Gesundung“ geschaffen. Die Amtszeit des Ministerpräsidenten soll auf maximal zwei Legislaturperioden oder acht Jahre beschränkt werden, dessen Bezüge von heute mehr als 7 Mio. Forint monatlich auf 2,5 Mio. Forint (6000 Euro) gekürzt, Politikerbezüge ansonsten halbiert würden. Die Städte und Gemeinden sollen ihre Hoheit über Bildung, Gesundheit und Soziales zurückerlangen, das Steuersystem „humaner“ werden.
Magyar räumte ein, in der Frage der durch den Fidesz auf den Standardsatz von 9% gesenkten Einkommensteuer zeigten sich die Teilnehmer der Befragung am ehesten gespalten. Vermögen ab 5 Mrd. Forint (12,2 Mio. Euro) würden mit einer Sondersteuer belegt. Die Mehrwertsteuer (ÁFA) für gesunde Lebensmittel würde auf 5% reduziert, die Medikamenten-ÁFA auf 0%. Rentner sollen mit einer speziellen SZÉP-Karte max. 200.000 Forint jährlich für den Kauf von Grundnahrungsmitteln, Medikamenten und Gesundheitsleistungen verwenden dürfen. Das Programm „Weg ins Gefängnis“ soll unrechtmäßig angeeignetes Staatsvermögen von Fidesz-nahen Oligarchen zurücknehmen.
Keine „eindeutige“ Mehrheit pro Ukraine
Magyar zufolge sei auch die EU-Mitgliedschaft der Ukraine eine kritische Frage, „die Meinung der Mehrheit der Ungarn ist nicht eindeutig zu erkennen“. (Das sagte er, obgleich das Ergebnis der Umfrage eine Zustimmung von 58,2% brachte, weshalb der Fidesz sofort reklamierte, diese Zahl sei „im Pakt mit Brüssel“ zu verstehen, das eine Ukraine-freundliche Marionettenregierung in Ungarn sehen will.) Die Tisza-Partei wolle zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Rahmenbedingungen besser bekannt sind und die Frage eines EU-Beitritts tatsächlich auf der Tagesordnung stehe, ein rechtlich verbindliches Referendum ansetzen, versprach ihr Vorsitzender.
Pro-Fidesz-Demo im Milleniumspark: „Bewegung des Nationalen Widerstands“
Am Samstag (12.04.)demonstrierten Regierungsanhänger gegen die führende Oppositionspartei Tisza, weil „Die Tisza Ungarn ganz offen schadet !“
„Wir sagen Nein zu einer Politik, deren offen verfolgtes Ziel es ist, Ungarn zu schaden – nicht der Regierung, sondern den ungarischen Menschen“, erklärte Gergely Gulyás auf der Demonstration der „Bewegung des Nationalen Widerstands“ am Samstag im Milleniumspark. Der Kanzleramtsminister war der Hauptredner der Kundgebung, die von dem Publizisten Zsolt Bayer zusammengerufen wurde, nachdem die Europaabgeordnete der Tisza-Partei, Kinga Kollár, im Europaparlament gegen Ungarn agitierte: „Je schlechter für Ungarn, desto besser für uns“
„Die Auswirkungen der Blockade von EU-Geldern für Ungarn als positiv zu bewerten ist keine Frage von rechts oder links, dafür reichen ein Mindestmaß an Mitgefühl und Anstand“, meinte der Minister und urteilte, die Europaabgeordneten der Tisza-Partei, die monatlich 7 Mio. Forint (17.000 Euro) für ihr Mandat im Europaparlament aufnehmen, würden in der EU-Zentrale dafür eintreten, die Ungarn ärmer zu machen.
Die Opposition tue alles dafür, dass die Ungarn zustehenden Gelder für das Gesundheitswesen, für Lehrer und Unternehmer zurückgehalten werden.
„Bei der Tisza meint man, je schlechter für Ungarn, umso besser für sie. Und sie sprechen offen aus, dass sie dem Land so viel Schaden wie nur möglich zufügen wollen, um die eigenen Chancen bei den nächsten Wahlen zu erhöhen.“
„Wir sollen nach der Pfeife Brüssels tanzen“
Als die skandalösen Worte im Europaparlament gefallen waren, forderte die Tisza-Partei Kollár mitnichten auf, ihr Mandat niederzulegen, sondern stellte sich demonstrativ hinter die Europaabgeordnete. „Sie haben keinen Respekt vor Gott, Heimat und Familie, für sie zählt einzig die Macht“, behauptete der Minister mit Nachdruck und attackierte Tisza-Chef Péter Magyar, der sich wie einer, der über den Gesetzen steht, hinter der Immunität als Europaabgeordneter verstecke, um der ungarischen Justiz zu entgehen. Die Tisza-Partei habe bereits mit ihrem Beitritt zur EVP gezeigt, dass ihr die ungarischen Interessen gleichgültig seien. Denn die EVP hat einen Prozess angestrengt, um Ungarn EU-Gelder zu entziehen.
Brüssel wolle eine Marionettenregierung in Budapest installieren, die nicht länger die illegale Einwanderung stoppt, für Frieden in der Ukraine eintritt und einen beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine ablehnt, eine Regierung, die nach der Pfeife Brüssels tanzt.
„In den EU-Institutionen sollte man endlich begreifen, Ungarn ist ein souveränes Land und nicht eine Provinz der Vereinigten Staaten von Europa“, schloss Gulyás.
Der Organisator der Kundgebung, Publizist Zsolt Bayer, sagte: „Heute ist Brüssel unser Wien von 1848 und die EU-Kommission unser Statthalter von einst, mit einer Unmenge bezahlter Agenten.“ Darunter Péter Magyar und Kinga Kollár, die alle Anweisungen erfüllen würden, die ihnen Brüssel gibt.
„Grauen Friedensmarsch“ – Satirepartei fordert graue Konformität
Am Heldenplatz kam zu einer skurrilen „Gegendemo“ der Satirepartei des zwei-schwänzigen Hundes.
Ebenfalls am Samstagnachmittag (12.04.) hielt die Satirepartei MKKP einen „Grauen Friedensmarsch“ (in Anspielung auf die früheren Friedensmärsche zur Verteidigung der Orbán-Regierung gegen Brüssel) am Heldenplatz ab, unter dem Motto „Alle sollen gleich sein!“ Diese Forderung begründeten die Teilnehmer ironisch damit, wer einzigartig sei, müsse mit Einsamkeit kämpfen, einförmig graue Menschen seien hingegen niemal allein. Parteichef Gergely Kovács forderte die Abschaffung von Wahlen. Wenn das nicht ginge, sollten alle für eine einzige Partei stimmen oder alle Parteien den gleichen Namen tragen.
Die Hundepartei sei es leid, dass die Regierung die Bürger immer noch um ihre Meinung frage – fortan sollten die Antworten auf die Nationale Konsultation fertig ausgefüllt sein.
„Wir fordern, dass es nur noch einen Käfer geben soll, denn Vielfalt blockiert das Denken!“
– teilte Kovács einen Seitenhieb auf das Verbot der Pride aus.
Die Co-Vorsitzende Zsuzsa Döme gratulierte den Demonstranten, sie hätten Brüssel gezeigt, welche eintönig graue Masse sie abbilden können. „Ungarn war wirklich groß, als wir Reichsverweser Miklós Horthy und den Anführer der Pfeilkreuzler, Ferenc Szálasi, nur in Schwarz-Weiß sehen konnten.“ Sie rief dazu auf, dass 2026 alle für Fidesz-KDNP stimmen sollten, damit das Reich der unbefleckten Empfängnis komme.
„Ruft die Russen zurück!“
Die Bürgermeisterin des 15. Stadtbezirks, Krisztina Baranyi, bezeichnete es als empörend, dass nach 15 Jahren Fidesz-System noch immer Menschen in Ungarn leben würden, die meinten, hier könne jeder jeden lieben, und das auch noch offen bekunden. „Wenn wir nicht aufpassen, landen wir am Ende dort, wo Österreich steht“, warnte die kommunale Oppositionspolitikerin ironisch.
Die Demonstration der Satirepartei führte über die Prachtstraße Andrássy út an der russischen Botschaft vorbei zum Hel- denplatz. An der Botschaft skandierten die Teilnehmer, der Fidesz sollte die Russen zurück ins Land rufen. Auf der abschließenden Großkundgebung wurde gefordert, das Graurind zum Nationaltier zu erklären, die Nationalhymne ins Russische umzutexten und alle Bürger – auch die Frauen – „Lajos Kovács“ zu nennen.
Reaktion der Tisza-Partei
Die Tisza-Partei reagierte gelassen auf die Demonstrationen. Ihr Vorsitzender Péter Magyar kommentierte via Sozialmedien: „Heute haben zwei Witzparteien demonstriert.“ Dem Regierungslager muss es peinlich sein, dass die Satirepartei MKKP mehr Anhänger auf die Straße bringen konnte. „Es ist vorbei, Genossen!“ – schrieb er dem Fidesz ins Stammbuch. Die für ihre Äußerungen vor dem Europaparlament attackierte Kinga Kollár meldete sich entspannt zurückgelehnt beim Schlecken einer Kugel Eis mit der Frage: „Kostenloses Geld (von der EU) in Höhe von 800.000 Forint (ca. 2.000 Euro) pro Kopf einbüßen – anprangern darf man das nicht, aber dieses Geld verlieren schon?“
Was Kinga Kollár im Europaparlament wortwörtlich gesagt hat, können Sie hier im Original anhören.