13. September 2024 Magyar Hírlap von IRÉN RAB
Am 1. Dezember 1944 erklärte der Führer Budapest in seinem Befehl Nr. 11 zur Festung. Diese schöne Stadt wurde in drei Monaten in Schutt und Asche gelegt. Dazu gehörte auch die Zerstörung der Brücken. Die militärische Einnahme des belagerten Budapest, aus der es kein Entrinnen gab, dauerte fünfzig Tage. Es war die zweitlängste und blutigste Stadtschlacht des Zweiten Weltkriegs nach Stalingrad.
Als Ungarin kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mich der Anblick der in den Fluss gestürzten Dresdner Brücke an die Brücken in Budapest erinnert. An die Brücke, welche im II. Weltkrieg allesamt in die Donau gesprengt wurden. Diese prächtigen, von unseren Verbündeten, dem Pionier-Bataillon 651 der Wehrmacht, verminten Brücken, sollten im richtigen Moment ins Wasser gesprengt werden. Alle sieben Brücken in Budapest: die Kettenbrücke, die 1849 erbaut wurde und eines der Wahrzeichen der Stadt ist; die Elisabethbrücke, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele Jahre lang die längste Hängebrücke der Welt war; die blau gestrichene, an eine Seine-Brücke erinnernde Margaretenbrücke; die Ferenc-József-Brücke (heute Freiheitsbrücke) mit ihrer eisernen Gitterstruktur; und die heutige Petőfi-Brücke, die damals nach Miklós Horthy benannt war. Es waren auch noch die beiden Eisenbahnbrücken zu sprengen. Dies hatte bereits Ende Dezember stattgefunden, nachdem die sowjetischen Truppen die Hauptstadt auf beiden Seiten der Donau umzingelt hatten.
Nicht nur die Deutschen, sondern auch die sowjetische Führung, die zu ihr übergelaufenen Rumänen und die amerikanische Luftwaffe waren an der Zerstörung der Budapester Brücken interessiert.
Kettenbrücke
Sie waren nämlich operative Orientierungspunkte. Die deutsche Führung wollte sie erst nach der Kapitulation von Pest sprengen, wenn sich die meisten ihrer Truppen bereits relativ geordnet nach Buda zurückgezogen hatten. Auf der Pester Seite blieben nur die ungarischen Einheiten in Massen zurück, da sie von ihren deutschen Verbündeten nicht rechtzeitig informiert worden waren. Die Sowjets hingegen hätten kurz vor der Kapitulation von Pest die Brücken sprengen wollen, um den Verteidigern die Rückzugs- und Versorgungswege abzuschneiden. Die Rumänen wurden nicht von einer Strategie, sondern vom blanken Hass auf die Ungarn angetrieben.
Es ist jedoch eine unbestreitbare Tatsache, dass die Brücken von Pioniereinheiten der Wehrmacht vermint und größtenteils gesprengt wurden.
Hitler bestand von Anfang an darauf, die Stadt bis zum Ende zu halten. Am 23. November 1944 befahl er daher, die Stadt „bis auf den letzten Stein“ zu verteidigen, und am 1. Dezember erklärte er Budapest in seinem Befehl Nr. 11 zur Festung.
Diese schöne Stadt wurde in drei Monaten in Schutt und Asche gelegt. Dazu gehörte auch die Zerstörung der Brücken.
Elisabethbrücke
Wir sollten hinzufügen: Die Zerstörung wurde so „human“ wie möglich durchgeführt, denn die Pfeiler der Brücken wurden verschont. Die militärische Einnahme des belagerten Budapest, aus der es kein Entrinnen gab, dauerte fünfzig Tage. Es war die zweitlängste und blutigste Stadtschlacht des Zweiten Weltkriegs nach Stalingrad.
Sowjetischen Vernehmungsprotokollen aus der Nachkriegszeit zufolge betrachtete Pfeffer-Wildenbruch, Kommandierender General des IX. SS-Gebirgskorps in Ungarn und Befehlshaber von Budapest, die Zerstörung der Brücken und historischen Denkmäler in Budapest als Kollateralschaden des Kriegs. Die Brücken spielten für ihn keine Rolle, da er meinte, sie könnten leicht wiederhergestellt werden. Für viereinhalb der sieben gesprengten Budapester Brücken übernahm er die Verantwortung: Die Újpester Eisenbahnbrücke wurde von den Amerikanern bombardiert und die Ferenc-József-Brücke von einer russischen Mine gesprengt, die auf die bereits gelegten Sprengkörper traf. Die Hälfte der Margaretenbrücke soll das Ergebnis ungarischer Unachtsamkeit gewesen sein.
Petőfi-Brücke
Die Ungarn waren tatsächlich unachtsam, denn am 4. November 1944, als die sowjetischen Truppen (Russen, Ukrainer und viele andere Völker aus der „unzerbrechlichen Union der freien Republiken“) bereits am Stadtrand auftauchten, aber noch keine Kämpfe stattfanden, lebten sie ihr normales Leben in ihrer Stadt. Sie gingen zur Arbeit, zur Schule, zu ihren Geschäften, sie trafen sich und überquerten die Brücken, so wie sie es am frühen Nachmittag dieses Tages auf der Margaretenbrücke auch taten. Die deutschen Kämpfer montierten dabei in aller Ruhe ihre Sprengladungen, damit ihre Mitstreiter im richtigen Moment werden zuschlagen können. Aber es geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte, vielleicht ein Funke, der die Zündschnur auslöste und sie unaufhaltsam zur Sprengladung laufen ließ, die
dann explodierte und die Brücke, darauf die Straßenbahnen, Busse, Autos und spazierende Fußgänger in den Fluss stürzen ließ. Das eingefrorene Bild erinnert mich an Picassos Guernica, eine sich gen Himmel reckende gelbe Straßenbahn, deren hinterer Wagen in die Donau rutscht, Blut, Ertrunkene, Tote und Verwundete, schmutziges Kriegschaos, dessen Anblick die Donau nicht aus dem ungarischen Gedächtnis spülen konnte. Hunderte von Toten, darunter auch die deutschen Wehrmachtpioniere,
obwohl man sofort mit der zivilen Rettung begann. Die offiziellen Medien schwiegen tagelang, unfähig zu entscheiden, ob es sich um Sabotage, einen Unfall oder eine deutsche Militäroperation handelte, und auf keinen Fall wollten sie die gleichzeitige Amtseinführung des erst jetzt an die Macht gelangten nationalsozialistischen Leiters der Pfeilkreuzler stören.
Heute reden wir euphemistisch über eine „Explosion“ für die Pester Seite der Margaretenbrücke, weil sie unvorbereitet und nicht dem Kriegsplan entsprechend zerstört wurde. Jedenfalls hat der deutsche Militärbefehlshaber nur die Verantwortung für die spätere Sprengung des anderen, des Budaer Teils, übernommen.
Wer für alle anderen Kriegsschäden Verantwortung übernimmt, wissen wir bis heute nicht.
An die Vernichtung der Brücken erinnert eine sozialistische Steinsäule, die 1961 an der Stelle der provisorisch errichteten und später abgebauten Kossuth-Brücke aufgestellt wurde und den „sinnlosen Faschismus“ als Verantwortlichen benennt. Man könnte bei den Faschisten Kriegsreparationen fordern, aber wir sind weder Polen noch Griechen.
Der Zweite Weltkrieg hat auch an unseren Brücken große Schäden angerichtet. 100 Prozent der Straßenbrücken an Donau und Theiß wurden zerstört, 90 Prozent der Brücken mit einer Länge von mehr als 50 Metern vernichtet. Der Wertverlust betrug etwa das Dreißigfache dessen, was das Land in den Friedensjahren für den Bau und die Erhaltung von Brücken ausgegeben hatte. Von unseren großen Brücken sprengten die sich zurückziehenden deutschen Truppen die Brücken in Medve, Komárom, Esztergom, Budapest, die Donaubrücken in Dunaföldvár, Baja, Tótfalu, Szigetcsúcs, Gubacs und Ráckeve sowie die gemeinsamen Eisenbahn- und Straßenbrücken über der Theiß in Tiszafüred, Tiszaug, Szentes und Algyő.
Maria-Valeria-Brücke in Esztergom/Párkány
General Pfeffer-Wildenbruch hatte Recht: Wenn man die Pfeiler stehen lässt, können die zerstörten Brücken relativ schnell wieder aufgebaut werden. Die Ungarn haben das getan, und zwar mit einer Ausnahme nach den alten Plänen, in der alten Form, und die Zahl der Donaubrücken ist in letzter Zeit sogar gestiegen. Regelmäßige Renovierungsarbeiten sind erforderlich, um unerwartete Unfälle zu vermeiden.
Wie dieses Mal in Dresden am 11. September geschehen. Wegen des Datums dachten die deutschen Geheimdienste und Behörden sofort an einen terroristischen Akt, aber als sie am Tatort eintrafen, sahen sie, dass es sich einfach um einen Fehler in der vernachlässigten Brückenstruktur handelte. Davon gibt es in Deutschland viele. Jetzt hat sich plötzlich herausgestellt, dass
sechzehntausend Straßen- und Eisenbahnbrücken offiziell sanierungsbedürftig sind.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weiß von vielen weiteren sanierungsbedürftigen Gegenständen. Laut einer Studie, die sie zuvor durchgeführt hatten, ist die Hälfte der rund 60.000 Brücken in kommunalem Besitz in keinem zufriedenstellenden Zustand. Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden hat deutlich gemacht, dass mehr Geld nötig ist, denn auch die Instandhaltung von Brücken kann nicht aus kommunalen Mitteln finanziert werden. Ein Unfall wie auf der Carolabrücke kann jederzeit passieren, und es war hier nur deswegen keine Katastrophe geworden, weil die Deutschen, ob Eule oder Lerche, um 3 Uhr nachts zu schlafen pflegen und die planmäßige Straßenbahn zehn Minuten früher über die Brücke fuhr.
Alle waren überrascht, als die Brücke einstürzte (sie war ja nicht vermint). Die Experten hatten keine Ahnung, dass sie sich in einem so schlechten Zustand befinden könnte. Jetzt versuchen sie es mit Ausreden: diese Brücke wurde in der DDR mit einer anderen (sozialistischen?) Technologie gebaut, aber es könnte tausend Gründe für den Verfall geben, wie Temperaturschwankungen, Korrosion durch Salz, eine Fernwärmeleitung, die unter der Brücke verläuft. Vielleicht, weil sie für den Straßenverkehr genutzt wurde?
Oder liegt es daran, dass Deutschland seit langem immer mehr Geld ausgibt, um den Schein von Wohlstand aufrechtzuerhalten und um die Millionen von Migranten die es aufgenommen hat zu finanzieren und nicht genug Geld für das übrig bleibt, wofür es wirklich gebraucht würde?
Für den Erhalt und die Verbesserung der Infrastruktur, für Instandhaltung, für die Renten, für die Krankenversorgung, für den Erhalt des Lebensstandards? Für den Hochwasserschutz? Ja genau, denn für die Elbe wird in den nächsten Tagen Hochwasser vorhergesagt, und es ist nicht bekannt, wie das 100 Meter lange Brückenelement im Fluss auf das Hochwasser reagieren wird.
Aber wir wissen bereits, wie die Tschechen reagieren. Die Prognosen sagen voraus, dass in der Tschechischen Republik bis Sonntag etwa ein Drittel der jährlichen Niederschlagsmenge fallen könnte, so dass die Stauseen abgelassen werden müssen und dies einen viel höheren Wasserstand in Dresden verursachen könnte. „Die eingestürzte Brücke in Dresden kann nicht Vorrang vor dem Schutz der Bürger in der Tschechischen Republik haben“, verlautbarte der tschechische Minister.
Autorin, Dr. Irén Rab ist Kulturhistorikerin
Deutsche Übersetzung von Dr. Andrea Martin
MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20240912-hidak-a-dunan-hidak-az-elban
Photo: Margarethenbrücke