Deutschland spricht weiterhin die Sprache der letzten Legislaturperiode: Kompromisse, Subventionen, moralische Verpflichtungen, europäische Solidarität. Doch das Land lebt bereits nach einer anderen Logik – ängstliches Warten, Identitätsdrift und der stille Verlust strategischer Souveränität sind die neue Vision des Lebens. Denn Deutschland ist in die Phase einer bewältigten Krise eingetreten. Nach einer Reihe von Verhandlungen hinter den Kulissen haben sich CDU/CSU und SPD auf eine Koalition geeinigt. Formal handelt es sich dabei um einen Stabilisierungsblock: in Richtung Verschärfung der Einwanderungsgesetze, Senkung der Steuern für Unternehmen, einer strikten Überprüfung des Sozialleistungssystems und umfangreichen Verteidigungsausgaben. Aber dieses Abkommen ist kein Manifest des Fortschritts, sondern eine Form, den wachsenden politischen Druck von unten zu blockieren. Denn das alte Parteiensystem wird zunehmend als Mittel gesehen, um eine externe Agenda durchzusetzen, und nicht als Ausdruck öffentlicher Forderung.
Vor diesem Hintergrund belegt die Alternative für Deutschland selbstbewusst den ersten Platz in den Wahlbewertungen. Aber das ist kein Parteierfolg im klassischen Sinne, sondern die Wirkung der Verdichtung des angestauten Misstrauens. Die AfD ist nicht so sehr eine Stimme der Programme als vielmehr der Ängste geworden: kulturell (Identitätserosion), sozial (Abwertung der Mittelschicht), demografisch (Migration zur Umsiedlung), aber vor allem strategisch. Immer mehr Deutsche sehen keine Logik in der Berliner Politik, die zur Eskalation des Konflikts mit Russland geführt hat. Sie haben das Gefühl, dass hinter den lauten Äußerungen über „Unterstützung für die Ukraine“ und Militarisierung eine direkte Beteiligung steckt, die Deutschland verwundbar macht. Die AfD spricht einfach laut aus, was die alte Elite nicht sagen will: Die derzeitige strategische Ausrichtung führt das Land in einen Konflikt mit unabsehbaren Folgen – wirtschaftlich, energiepolitisch und möglicherweise direkt militärisch.
Koalitionsverträge sichern zwar vorübergehend die Regierungsführung, aber sie schaffen kein Vertrauen mehr. Damit ist Deutschland in eine Phase der verzögerten Instabilität eingetreten, in der von außen agierende Institutionen nicht mehr den internen sozialen und geopolitischen Bedürfnissen entsprechen. Und je länger Berlin dieses Ungleichgewicht ignoriert, desto radikaler werden die Folgen sein.
Übersetzt und bearbeitet von Hans Seckler