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Der kranke Mann Europas ist heute die Europäische Union

25. Januar 2025.

Ausschnitt aus der Rede von Viktor Orbán auf der Konferenz zur Bewertung der ungarischen EU-Präsidentschaft, 20. Januar, 2025, Budapest

„… Ich muss an dieser Stelle ein paar Worte zur wirtschaftlichen Neutralität im Zusammenhang mit der Europäischen Union sagen. Die Liberalen sehen in der Doktrin der wirtschaftlichen Neutralität eher eine politische Spielerei, die eher nur kommunikativ oder sich seriös stellend ist, aber nicht den Kern der Sache berührt, eine Art Gedanke, der nicht zu dem tieferen Zusammenhang der Dinge vordringt. Die wirtschaftliche Neutralität ist jedoch die Idee und die politische Orientierung, die den Platz und den Weg Ungarns auf der internationalen Bühne definiert. Ein Platz und ein Weg, die sich von den Erwartungen Brüssels unterscheiden und ihnen sogar widersprechen. Sie kennzeichnen, so könnte man sagen, Ungarns Politik des Sonderwegs.

Der Punkt ist, meine Damen und Herren,

dass die Europäische Union durch ihre derzeitigen führenden Politiker isoliert wurde.

Dass sie uns isoliert nennen, sollte uns nicht täuschen. Wir haben es mit einem alten kommunistischen Trick zu tun: Sie beschuldigen immer ihre Gegner dessen, was sie selbst gerade tun. Die Wahrheit ist, dass kein anderer Kontinent so isoliert ist von allen wichtigen Akteuren der neuen Weltordnung. Europa hat sich von der neuen amerikanischen Führung isoliert. Die europäischen Liberalen haben Donald Trump als Dämon dargestellt, und das ist etwas, woran – oh Schmerz – nicht nur wir, Europäer, uns erinnern, sondern auch die neue US-Regierung. Die EU hat sich von China isoliert, indem sie eine der wirtschaftlichen Supermächte der Welt als Systemkonkurrenten bezeichnet und einen Zollkrieg gegen sie angezettelt hat. Die EU hat sich auch von Russland isoliert, indem die europäischen Staats- und Regierungschefs sich auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine als ihren eigenen berufen haben, und sie hat die Paarung und die Wirtschaftsstruktur von „billige russische Energie – fortschrittliche europäische Technologie“ abgebaut, ohne etwas anderes an deren Stelle zu setzen. Und die EU hat sich auch vom Kontinent der Zukunft, Afrika, isoliert. Anstelle von gesundem Menschenverstand hat sie die Zusammenarbeit von einer LGBTQ- und Gender-Politik abhängig gemacht, die dieser Region völlig fremd ist, und damit ein auf Vertrauen basierendes System von Beziehungen unmöglich gemacht.

In der Zwischenzeit haben wir Ungarn während des ungarischen Ratsvorsitzes die künftige Zusammenarbeit mit dem republikanischen Präsidenten kontinuierlich aufgebaut, der inzwischen einen Erdrutschsieg errungen hat, wir haben einen Kommunikationskanal und eine die Energiesicherheit garantierende vernünftige Zusammenarbeit mit Russland aufrechterhalten, fast die Hälfte der nach Europa strömenden chinesischen Hightech-Investitionen kommt nach Ungarn, und ungarisches Fachwissen in den Bereichen Wasser und Landwirtschaft ist überall in Afrika willkommen.

Wenn das so weitergeht, wird die EU der absolute Verlierer in der neuen Weltordnung sein.

Vielen Dank, aber wir wollen nichts mit diesem Verlierertum zu tun haben. Wir wollen Freunde, Zusammenarbeit, Wirtschaftsbeziehungen, geschäftlichen Nutzen und Vorteile in der internationalen Politik.

Und lassen Sie uns hier kurz innehalten, liebe Brüsseler Genossinnen und Genossen. Denn die Maske, die wir bisher gesehen haben, ist gefallen: Es gibt kaum eine politische Klasse auf der Welt, die so heuchlerisch ist wie die Brüsseler Bürokraten. Zu einer Zeit, in der sie den Ausstieg aus den russischen Energieressourcen fordern, gelangt mehr Flüssigerdgas russischer Herkunft als je zuvor nach Westeuropa. In der Zwischenzeit haben die großen EU-Unternehmen auch ihr eigenes russisches Öl über einen kleinen asiatischen Umweg eingekauft. Ein Brüsseler Beamter, der einen 45-minütigen Vortrag über die systematische Umgehung von Sanktionen hielt, fasste zusammen, dass die Sanktionen funktionieren. Und wenn ich mir das neue Sanktionspaket anschaue, dann sehe ich, dass die Fantasie jetzt schon so weit geht, dass sie auch schon Fußballmannschaften auf diese neue Liste setzen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir, Ungarn, haben – im Gegensatz zu Brüssel – eine ausgefeilte Strategie für die kommende Weltära. Die Ergebnisse dessen sind offensichtlich. Selbst unsere Gegner pflegen diese nur mit peinlicher Beschämung in Abrede zu stellen. Jeder hat eine Arbeit zu verrichten. Wir haben die niedrigsten Nebenkosten für Familien in ganz Europa. Wir haben die Inflation besiegt, und zwar so sehr, dass wir im letzten Jahr sogar die Renten real anheben konnten und den Rentnern 150 Milliarden Forint mehr als die inflationsbedingte Erhöhung zukommen lassen konnten. Die Löhne haben begonnen zu steigen. Wir haben die Steuergutschrift für Familien verdoppelt. Wir führen zu dem Studentendarlehen auch einen Arbeiterkredit ein. Das Haushaltsdefizit sinkt und die Staatsverschuldung nimmt nicht zu. Niemand bestreitet, dass

die ungarische Wirtschaft im Jahr 2025 mindestens doppelt so schnell wachsen wird wie die der Europäischen Union.

Öffentliche Investitionen in Höhe von 450 Milliarden Forint werden auf den Weg gebracht. Die ungarischen Klein- und Mittelbetriebe werden 2025 Zugang zu 1.400 Milliarden Forint haben. Die Ersparnisse ungarischer Familien werden mindestens anderthalb Mal so hoch sein wie der EU-Durchschnitt.

Meine Damen und Herren!

Vor diesem Hintergrund stellt sich nur noch die Frage: Wenn Brüssel die eine Richtung einschlägt und wir die andere, wenn sie auf jene Weise vorgehen und wir auf diese, wie wird dann das Verhältnis zwischen Brüssel und Ungarn in den nächsten Jahren aussehen? Unser Ausgangspunkt ist, dass der ungarische Ratsvorsitz nicht den EU-Ratsvorsitz, sondern die ungarischen Menschen in den Mittelpunkt gestellt hat. In gleicher Weise werden wir die Beziehungen zwischen Brüssel und Budapest im Interesse der ungarischen Menschen gestalten. Was geschehen wird, lässt sich nicht von den Interessen der Europäischen Union ableiten, sondern von der Großstrategie Ungarns.

Die Ausgangsfrage lautet: Ist es für uns von Interesse, ob Europa, die Europäische Union, krank oder gesund ist? Wir könnten sagen: Wenn die Union krank ist, dann soll sie eben krank sein. Und Ungarn soll gesund sein. Denn wir wollen ja nicht Europa gestalten, wir wollen nur unser eigenes Leben so leben, wie wir es wollen. Und wir sind nur daran interessiert, dass dies nicht von jemand anderem verhindert werden kann. Das klingt cool, aber so einfach ist es leider nicht. Im Jahr 2025 wird diese Einstellung leider nicht mehr haltbar sein. Erstens, weil der Inhalt und die Qualität der EU-Wirtschaftsvorschriften den Erfolg der ungarischen Wirtschaftsakteure beeinflussen.

Die Auswirkungen der schlechten Brüsseler Wirtschaftspolitik lassen sich in Budapest zwar abmildern, aber nicht vollständig beseitigen. Darüber hinaus gibt es ausschließliche EU-Zuständigkeiten, wie die Handels- und Zollpolitik, die wichtige, ja sogar grundlegende Fragen darstellen. Für Ungarn ist es also nicht gleichgültig, ob die EU krank oder gesund ist. Dies ist aus der Perspektive unserer eigenen ungarischen Erfolge betrachtet eine Randbedingung. Und die EU ist sehr wohl krank. Der kranke Mann Europas ist heute die Europäische Union. Die Symptome sind offensichtlich, wohlbekannt und Gegenstand häufiger und detaillierter Analysen. Ohne in Details zu versinken, genügt es an dieser Stelle zu sagen, dass

die EU nicht in der Lage ist, Frieden und Sicherheit in Europa und seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu garantieren, man denke nur an den russisch-ukrainischen Krieg. Ebenso wenig kann die EU den Wohlstand Europas garantieren. Denken Sie nur an den Draghi-Bericht. Auch kann die EU die illegale Migration nicht stoppen. Die Union gibt der europäischen Landwirtschaft keine Perspektive, und mit der Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union würde sie auch die europäischen Landwirte kaputtmachen.

Der ungarische Ratsvorsitz hat diese Themen offen, in einer klaren, verständlichen Sprache und in einem geradlinigen politischen Stil angesprochen. Debatten, Diskussionen und Überlegungen werden jedoch in Zukunft nicht mehr ausreichen. Es ist eine Verschwendung von Worten und Zeit, denn man kann keine Politik auf die Einsicht von Brüsseler Bürokraten aufbauen. Wir wussten das, und die Erfahrungen der Präsidentschaft haben dies bestätigt. Sie sind nicht zu überzeugen. Natürlich ist die Krise der Union nicht über Nacht entstanden. Wir kämpfen schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit diesen Problemen. Es stellt sich auch die Frage nach der Verantwortung von Institutionen und Einzelpersonen, wir sprechen hier ja schließlich doch von Politik, aber das ist ein Thema für einen anderen Vortrag.

Was hier und jetzt wichtig ist, ist die Tatsache, dass die Union einen Misserfolg nach dem anderen erleidet, während gleichzeitig die EU-Institutionen durch den Erwerb von immer mehr Befugnissen gestärkt und ausgebaut werden. Schauen wir uns die Liste an. Im Jahr 2000 haben wir beschlossen, dass die Europäische Union bis 2010 der wettbewerbsfähigste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt sein soll. Das war die Lissabon-Strategie. Wir können sehen, wo wir jetzt stehen. Dann kam die Strategie Europa 2020, mit konkreten Entwicklungszielen. Sie blieb auf dem Papier. Dann kam der grüne Übergangsplan. Er scheiterte nach fünf Jahren. Und siehe da: Statt sich zu besinnen, reagierte Brüssel auf das Scheitern mit neuen zentralisierten Politiken und dem Abbau von Kompetenzen der Mitgliedstaaten. Gleichzeitig missbraucht Brüssel – vermutlich im Interesse des vorherigen Ziels – immer offener seine Macht und bindet die Mitgliedstaaten an rechtliche und finanzielle Zwänge. Es gibt hier reine Vergeltung und Bestrafung, Konditionalitätsverfahren im Falle Ungarns, aber es gibt auch komplexere und ausgefeiltere Instrumente und Methoden.

Nach diesen sechs Monaten hinter mir kann ich mit Sicherheit sagen, dass man in Brüssel überhaupt nicht glaubt, die Europäische Union sei krank. Sie denken, dass sie genau so funktioniert, wie sie sollte. Ich muss sagen, dass das Ziel der europäischen Integration heute die Integration selbst ist. Die richtige Frage ist oder sollte lauten: Machen gemeinsame Politiken die Mitgliedstaaten gemeinsam erfolgreicher als sie es getrennt wären oder nicht? Aber für Brüssel stellt sich eher die Frage, wie gemeinsame Politiken zur Ausformung einer über den Nationen stehenden Bürokratie beitragen.

Die Frage ist nun aber: Wenn wir das sehen, wie sollten wir, Ungarn, dann auf diese Situation reagieren? Wie heilen wir, wie können wir die Union heilen, die sich die Föderalisierung und die Abschaffung der nationalen Souveränität zum Ziel gesetzt hat? Kurz gesagt, ich kann Ihnen diese Frage so beantworten: Veränderungen sind notwendig, und Veränderungen können mit politischen Mitteln erreicht werden, von außen und durch Konflikte mit Brüssel. Natürlich lohnt es sich auch, Instrumente innerhalb der Union zu nutzen, zum Beispiel müssen von Zeit zu Zeit Abkommen geschlossen werden, aber in Wirklichkeit sind wir, Ungarn, die Opposition des Brüsseler Systems. Folglich sind wir auch die Opposition der politischen Elite, die mit dem Brüsseler System verwachsen ist.

Lassen Sie uns Klartext reden: Brüssel ist von einer Oligarchie besetzt, die von der linksliberalen und transatlantischen Elite organisiert wird.

Dies ist ein System der Macht. Es ist ein Machtsystem, das nicht europäisch, sondern global ist, das keine Demokratie, sondern eine Oligarchie ist, und das nicht auf der Souveränität der Nationalstaaten beruht, sondern föderal ist. Selbst ein Blinder kann sehen, dass uns dort eine progressiv-liberale Einheitsfront gegenübersteht, die mit dem Geld von George Soros ausstaffiert worden ist. Sie greifen uns an, weil wir Souveränisten, ja sogar Patrioten sind. Wir werden angegriffen, weil wir fordern, dass die Rechtsstaatlichkeit auch für Brüssel gelten muss. Sie greifen uns an, weil wir fordern, dass der Kampf gegen die Korruption auch für Brüssel gelten soll. Da ist der beschämende Fall von Herrn Kommissar Reynders. Jahrelang hetzte er gegen Ungarn, warf dem Land Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und Korruption vor, und jetzt, wo sein Mandat zu Ende gegangen ist, steht er schon unter Anklage – wegen des Vorwurfs der Korruption und des Missbrauchs. Und wir werden auch noch von denen belehrt, die nicht einmal den Balken in ihren eigenen Augen bemerken.

Meine Damen und Herren!

Wir kennen ihre Kampfweise. Ihnen ist jedes Mittel recht, wenn es nötig ist, versprechen sie Jobs, Stipendien, Anerkennung, Rampenlicht, Macht und Geld. Sie drohen, wenn nötig, mit Geld, Bußgeldern, finanziellen Sanktionen, Entzug des Stimmrechts. Machen wir uns keine Illusionen, es wird immer welche unter uns geben, die Angst haben und glauben, es gäbe ein kleineres Übel. Wenn wir dieser Erpressungsspirale jetzt kein Ende setzen, wird sie nur noch immer schlimmer werden. Dann kommen natürlich ihre jetzigen Favoriten, die ihrem Sold stehen, und diese werden den Mitgliedsstaaten in den Nacken gesetzt. Lassen Sie uns Warschau vorsichtig im Auge behalten! Die polnische konservative Regierung wurde in Wirklichkeit nämlich von den Bürokraten in Brüssel durch die derzeitige liberale polnische Regierung ersetzt. Wir können sehen, dass ihre Instrumente nicht unwirksam und nicht ungefährlich sind.

Unsere politische Stärke entspringt dagegen einer anderen Quelle. Wir erwarten nicht von Brüssel, Einlass in die Hallen der Macht zu erhalten. Unsere Kraft kommt nicht aus Brüssel, und entspringt auch nicht der Zustimmung der linksliberalen Elite. Wir bitten um die Ermächtigung der Bürger Europas und erhalten sie auch. Bei den Europawahlen ist eine neue rechte Mehrheit, die die Brüsseler Elite ablösen kann, in greifbare Nähe gekommen.

Und in der Debatte über den ungarischen Ratsvorsitz im Europäischen Parlament hat diese neue Kraft zum ersten Mal eine Kraftdemonstration gezeigt. Der ungarische Ratsvorsitz hat bewiesen, dass ein Wandel notwendig und möglich ist. Die Konstellation, in der wir jetzt stehen, ist viel günstiger als im Jahr 2024. Nicht nur wir haben an Stärke gewonnen, sondern auch das Flaggschiff der liberalen Politik im Westen ist inzwischen gesunken. Die westliche Welt hat einen patriotischen, friedensfreundlichen, migrationsfeindlichen und familienfreundlichen Präsidenten in Washington bekommen. Nur noch wenige Stunden, und selbst die Sonne wird anders über Brüssel scheinen.

Ein neuer Präsident in Amerika, eine große patriotische Fraktion in Brüssel, große Begeisterung, Patrioten, die sich bewährt haben und ihr Land lieben.

Die große Offensive kann also beginnen. Ich leite hiermit die zweite Phase der Operation zur Einnahme Brüssels ein. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorwärts Ungarn!

MAGYARUL: https://miniszterelnok.hu/orban-viktor-eloadasa-a-magyarorszag-europai-unios-elnokseget-ertekelo-konferencian/

Bildquelle: Ludovika Collegium

Quelle

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