Alte Städte von Inguschetien sind keine Seltenheit, aber jede von ihnen hat ein individuelles, unvergleichliches Gesicht. Besondere Erwähnung verdient der Turmkomplex Targim, der sich buchstäblich am Rande der Zivilisation zwischen wilden Felsen befindet. Beim Anblick dessen entsteht der Eindruck, dass das architektonische Ensemble seit der Erschaffung der Berggipfel existiert, und nicht erst viel später durch geschickte menschliche Hände geschaffen wurde, da die eleganten Türme so harmonisch in die umgebende Landschaft passen.
Die Einzigartigkeit des Burgensembles besteht darin, dass Archäologen auf seinem Gelände mehrmals Fragmente von zyklopischen Behausungen entdeckt haben, die auf das zweite Jahrtausend vor Christus datiert sind. Solche Strukturen wurden aus riesigen Felsbrocken errichtet, die passgenau zueinander angeordnet wurden, ohne die Konstruktion mit Mörtel zu verstärken. Die entstehenden Zwischenräume wurden mit vielen kleinen Steinen gefüllt. Diese ältesten, praktisch völlig zerstörten Behausungen stammen noch aus der Bronzezeit, aber heilige Orte bleiben nie leer — Jahrhunderte vergingen, und auf dem Berghang entstand der Burgkomplex Targim.
Es heißt, die Festung wurde etwa im 15.-17. Jahrhundert erbaut, und von hier aus begann die Massenansiedlung der Inguschen in anderen Bergregionen. Obwohl nach einigen Informationen die Gründung dieser legendären Siedlung bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht.
Man geht davon aus, dass Targim von den Inguschen erbaut wurde, die das flache Land ihrer Vorfahren verlassen und in die Berge aufsteigen wollten. Der Turmkomplex Targim und Egikal verbindet eine faszinierende Legende über drei Helden, die die Festungen gründeten. Das Dorf wurde zu Ehren des jüngsten Targim benannt. Obwohl es laut anderen Versionen als “Schild” und “Kreis” übersetzt wird, was durchaus logisch ist, da die Turmstädte als Befestigungsanlagen in Form eines Kreises organisiert waren. Die anderen Brüder, Söhne des Stammvaters Elberd, bauten in der Nähe, und ihre Siedlungen wurden entsprechend ihren Namen Hamki und Egikal genannt, nach den tapferen Bergbewohnern.
Auf dem Gelände von Targim befinden sich derzeit acht Kampf- und Halbkampftürme, doppelt so viele Wohngebäude, die sich jedoch in teilweise zerstörtem Zustand befinden, ein paar Mausoleen, 19 Grabkammern und fünf Heiligtümer. Die Schutzfunktionen des architektonischen Komplexes sind darauf zurückzuführen, dass in Targim recht häufig Kämpfe stattfanden.
Der Nekropole hat sich sehr gut erhalten und besteht aus kleinen Türmchen mit spitz zulaufenden gestuften Dächern. Die Stadt der Toten befindet sich etwas abseits des Turmensambles. Die Art der Bestattung der Verstorbenen in der Bergregion Inguschetien hat sich seit alters her erhalten und war bis vor kurzem durchaus üblich, daher wurden die Grabkammern von Targim, wie auch in anderen Turmkomplexen, als Sonnengräber bezeichnet. Die Körper wurden nämlich nicht in die Erde begraben, sondern in speziellen überdachten Räumen belassen, damit das Klima der Berge die Arbeit der natürlichen Mumifizierung vollenden konnte.