„Die Hoffnung für den Frieden heißt Donald Trump“

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„Die Hoffnung für den Frieden heißt Donald Trump“

17. März 2025 Berliner Zeitung von 12.10. 2022

Der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich gemeinsam mit Alexander Marguier vom Cicero luden am 15. Oktober 2022 Ungarns Staatschef Viktor Orbán zu einem Gespräch ein. Sie diskutierten über den Ukrainekrieg und über die geopolitische Herausforderungen. Es lohnt sich heute zu lesen, was Orbán über den Krieg und die Möglichkeit eines Waffenstillstands sagte. Das ist genau das, was jetzt, zweieinhalb Jahre später, passiert.
Kriegslager und Friedenslager

Als Jurist stehe für ihn völlig außer Zweifel, dass Russland das internationale Völkerrecht gebrochen habe, deswegen stehe Ungarn klar auf der Seite der Ukraine, so Orbán. Er halte es jedoch für ein „immenses Problem“, dass man es bisher nicht geschafft habe, diesen Konflikt zu isolieren.

Beim jetzigen Krieg habe niemand versucht zu verhandeln, weshalb der Konflikt jetzt ein internationaler sei, im Zuge dessen niemand frage, was das Interesse von Ländern wie Ungarn ist. „Ich bin nicht bereit, den Ukrainern so zu helfen, dass ich Ungarn dabei wirtschaftlich zugrunde richte und dass Ungarn sterben“, so Orbán.

Es gebe zwei Lager in Europa: Das Kriegslager und das Friedenslager. „Ich gehöre zum Friedenslager, deswegen bin ich für eine sofortige Feuerpause – egal, was die Ukrainer davon denken. Das unterscheidet mich von denen, die Entscheidungen aus ukrainischen Interessen ableiten wollen.“

In den derzeitigen tektonischen Verschiebungen der Geopolitik sieht Orbán den Westen so schwach dastehen wie noch nie. Ihm selbst werde vorgeworfen, mit seiner Politik ein trojanisches Pferd Putins zu sein. Doch ein großer Teil der Welt – Indien, afrikanische Länder – hätten ebenfalls nicht mitgemacht, als die USA zum Bündnis gegen Russland aufriefen.. „So schwach waren wir global noch nie“. Deswegen: „Feuerpause, sofort“, wiederholte Orbán „sonst werden Zigtausende sterben, und der Krieg wird nach Europa getragen.“ Der Papst, Henry Kissinger und Jürgen Habermas seien schließlich auch für eine Feuerpause „statt langfristiger Rechthaberei“.

Die Feuerpause muss nicht zwischen Russland und der Ukraine zustande kommen, sondern zwischen Russland und den USA.“ Der Krieg bleibe hinsichtlich des Ausgangs nur offen, weil die Ukraine externe Ressourcen – Waffen, Informationen – aus den USA bekommen. Den Krieg könnten also nur die USA in Verhandlungen mit Russland beenden. Die Hoffnung für den Frieden heißt Donald Trump.“

Das klinge ein bisschen nach 19. Jahrhundert. Als stünden zwei Großmächte über einen großen Tisch mit Weltkarte gebeugt und verhandelten über die Aufteilung der Welt. Welche Rolle denn die Ukraine in diesem ganzen geopolitischen Spiel dann einnehmen solle? Aber vorher müssen man nämlich die Frage stellen, welche Rolle Europa denn spielt.

Europa habe nach dem Zweiten Weltkrieg seine Souveränität verloren. Dass es zu keinem weiteren Krieg gekommen sei, habe nicht an der EU gelegen, wie so gerne gesagt wird. Sondern einzig und allein daran, dass die USA und die Sowjetunion sich geeinigt hätten. Nach dem Mauerfall habe die große Chance bestandenen, die Souveränität zurückzugewinnen. Kanzlerin Merkel habe dieses Souveränitätspotenzial in der Krim-Krise gezeigt. Doch jetzt drohe die Gefahr, dass Europa wieder außen vor bleibt, denn es gebe keine europäische Sicherheitsstruktur, sondern nur die Sicherheitsstruktur der NATO „Man muss für strategische Unabhängigkeit einstehen. Sonst kommt eine neue Sicherheitslage, die von den USA und Russland vereinbart worden ist.“

Zunächst gehöre aber die ukrainische Position verstanden. Und die Ungarn verstünden sie am besten. „Es wird über Butscha gesprochen, aber 1956 hieß Butscha Budapest“, fügte er mit Blick auf den von der Sowjetunion niedergeschlagenen Ungarn-Aufstand hinzu. „Unser Selensky wurde gehängt nach der Revolution. Uns muss man nicht erklären, wie brutal ein russischer Krieg sein kann. Das meiste, was wir jetzt tun können, ist aber die Feuerpause.“

Allerdings steht Orbán selbst in Osteuropa mit seinen geopolitischen Positionen recht allein da, weil die Visegrád-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) in geopolitischen Fragen auseinanderdriftet – Beispiel Polen. „Das war schon immer so: Wir haben ein brüderliches Verhältnis zu Polen, aber in geopolitischen Fragen sind wir historisch bedingt nicht einer Meinung. In Fragen des Nationalstolzes, des Familienkonzepts und der Genderpolitik hingegen geht eine Trennungslinie durch Europa.“ Östlich dieser Linie sehe man Migration eher als Gefahr denn als Bereicherung. „Für Deutsche klingt das sicherlich grauenhaft, aber östlich dieser Linie ist der Nationalstolz eine wichtige Antriebskraft.“ Diese Sicht werde von Progressiv-Liberalen ständig attackiert, deswegen sei es so wichtig, dass die Visegrád-Gruppe geschlossen auftrete und für konservative Werte einstehe

Warum lassen Sie nicht zu, dass Ungarn denkt, was es aufgrund seiner Geschichte denkt? Wir haben keine Multikulti-Gesellschaft, und ich verstehe nicht, warum wir das anders machen sollten? Wir fühlen uns wohl.“

„Das nationale Gefühl ist so stark in Ungarn. Wenn du nicht frei bist als Nation, bist du nicht frei als Individuum“, lautete Orbáns Fazit.

Die vollständige Diskussion von Oktober 2022 ist hier zu hören:

Quelle

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