StartNachrichtenHistorische Erfahrungen Ungarns: Die Schlacht von Mohács (1526)

Historische Erfahrungen Ungarns: Die Schlacht von Mohács (1526)

29. August 2024

Der ungarische König unterrichtete vor allem sämtliche christlichen Fürsten von der Gefahr, bat alle um Hilfe, besonders den Kaiser Karl und den französischen König Franz . . . Außerdem sandte er Boten an seinen zweiten Schwager, den Herzog Ferdinand, und zu anderen Reichsfürsten, die eben in Speyer zum Reichstag versammelt waren.

. . . König Lajos (1516-1526) hatte in Erfahrung gebracht, dass Sultan Soliman (1520-1566) – nachdem er mit allen seinen Nachbarn auf mehrere Jahre Frieden geschlossen hatte – mit seinem Heere auf dem Lande und auf dem Wasser gegen Ungarn heranrücke. Den König erschütterte das Gehörte sehr, und da das Nahen der Türken auch von anderer Seite bestätigt wurde, berief er den Landtag auf den St.-Georgs-Tag ein . . . Auf diesem erschienen die Stände aus allen Teilen des Landes in großer Anzahl und beschlossen alles, was zur Verteidigung des Landes notwendig war. Unter anderem beschlossen sie,

dass sämtliche Magnaten des Landes, die geistlichen wie die weltlichen, sowie der gesamte Adel mit einer bestimmten Zahl von Leibeigenen am zweiten Tage des Monats Juli (1526) in der Tolnau zu erscheinen habe, um von hier aus mit dem König gegen den Feind zu ziehen.

Inzwischen sollte der König die Vorbereitungen für den Krieg treffen. Er habe die christlichen Fürsten, besonders die Nachbarn, durch Abgesandte auf die Gefahr aufmerksam zu machen . . . Er möge auch nicht unterlassen, den römischen Papst dringend, um Erhöhung des Geldbetrages zu ermahnen, den dieser Ungarn zur Werbung von Söldnern zu geben pflegte . . .

Der König machte sich nach der Auflösung des Landtages sofort mit der größten Sorgfalt an die Arbeit. Er unterrichtete vor allem sämtliche christlichen Fürsten von der Gefahr, bat alle um Hilfe, besonders den deutsch-römischen Kaiser Karl (1519-1555) und den französischen König Franz (1515-1549) . . . Außerdem sandte er Boten an seinen zweiten Schwager, den Herzog Ferdinand, und zu anderen Reichsfürsten, die eben in Speyer zum Reichstag versammelt waren. Er nahm die Beziehungen zu dem päpstlichen Nuntius Baron Johann Anton Burgio auf, damit dieser bei dem Papst seine Bitte um Zusendung eines größeren Betrages für die großen Kriegslasten vermittele

Inzwischen kamen Briefe und Boten von dem Erzbischof von Kalocsa und dem Woiwoden von Siebenbürgen mit der Mitteilung, dass sich der Türke Belgrad nähere. Ein Vortrupp habe bereits die Save überschritten . . . Da brach der König, obwohl weder von Böhmen noch von einem anderen Land Hilfe eingetroffen war und obwohl ihm nur wenig Truppen zur Verfügung standen, am 23. Juli von Buda/Ofen auf, um sich an der Donau entlang langsam gegen die Tolnau vorwärtszubewegen.

In Mohács versammelten sich 24-25 000 Mann, die Schiffstruppen nicht miteingerechnet, von denen aber kein Nutzen zu erwarten war, da das 300 000 Mann starke Heer der Türken nur mehr zwei Meilen entfernt lag.

Am Tage der Schlacht – am 29. August – wurde die Schlachtordnung aufgestellt, und zwar so, dass das Heer einen möglichst großen Raum einnehme, hauptsächlich um eine Umzingelung zu verhüten. Dann wurde das Heer in zwei Kolonnen geteilt. In der ersten standen die Führer, aber ohne einen festen Platz, damit sie immer dort sein könnten, wo man sie eben brauchen würde . . . Der König befand sich in der vierten Linie. In den drei vorderen Linien standen zum größten Teil königliche Hofbeamte und Magnaten . . . Hinter diesen drei Linien folgte der königliche Heerbann und in seiner Mitte der König selbst. Seine Gestalt, sein Charakter, sein Mut waren bewunderungswürdig. Hätte das Schicksal es gestattet, wäre er einer unserer größten Könige geworden . . .

Der Ort, an dem das Heer aufgestellt wurde, war von Mohács eine, von der Donau eine halbe Meile entfernt. Es breitete sich hier eine große, weite Ebene aus, die weder oder Sträuchern, von Flussläufen oder von Hügeln unterbrochen wurde; nur links, zwischen der Donau und dem genannten Orte, gab es ein versumpftes Wasser, dicht mit Schilf und Rohr bewachsen; in ihm sollten viele den Tod finden. Uns gegenüber erhob sich im Halbkreis eine Hügelkette, jenseits dieser Kette befand sich das Lager des türkischen Kaisers.

Nachdem das Heer an dem besagten Tag und Ort kurz nach Sonnenaufgang so aufgestellt worden war – das Wetter war sehr klar und schön – führte der Palatin den König im ganzen Heer umher und zeigte ihn allen – sehet,

Sehet, der König ist da und bereit, alles, auch den Tod für das Vaterland, für unseren Herrn Christus, für die Frauen und Kinder der Kämpfer zu erleiden. Deshalb halte sich jeder gleich einem tapferen Manne und vergesse nicht, dass er Ungar sei, so wie auch die Väter Ungarn waren, Helden, tapfere Kämpfer der Christenheit, die über den Feind, der auch jetzt vor ihm stehe, so viel glänzende Siege errangen.

Die zahlenmäßige Übermacht möge niemanden erschrecken, denn der Sieg hänge nicht von der großen Zahl, sondern von dem Mut der Soldaten ab. Auch Gott im Himmel oben würde die Kämpfer, die für seinen heiligen Glauben streiten, unterstützen. Der Sieg liege in seiner Hand, sagte er, und nicht nur das Schicksal des Vaterlandes, sondern das der ganzen Christenheit.

Den größten Teil des Tages verbrachten wir dann damit, auf den Feind zu warten. Die dritte Stunde des Nachmittags war schon vergangen. Der König gab das Zeichen zum Angriff. In das Trompeten- und Hörnerschmettern mischte sich der Schlachtruf, besser gesagt das Schlachtlied der Soldaten, die nach alter Sitte den Namen des Erlösers ausriefen. In diesem Augenblick sahen wir, wie sich feindliche Truppen in großer Zahl vom gegenüberliegenden Hügel herabließen; auch der türkische Kaiser war unter ihnen. Da setze man den Helm dem König auf das Haupt; dabei wurde das Gesicht des Königs von einer großen Blässe überschattet, als ob er die kommende Gefahr vorausgesehen hätte.

Die Schlacht dauerte ungefähr anderthalb Stunden. Viele fanden in dem bodenlosen Sumpfwasser ihr Grab. Die Leiche des Königs fand man später eine halbe Meile von dem Dorf Csele entfernt in einer tiefen Schlucht, in der mehr Wasser stand als gewöhnlich, da die Donau aus ihren Ufern getreten war; hier ertranken Ross und Reiter zusammen, in voller Ausrüstung. Der Oberbefehlshaber des Heeres, Pál Tomori, Erzbischof von Kalocsa, fiel in der ersten Linie, nach tapferem Kampfe; sein vom Rumpfe gelöster Kopf wurde am nächsten Tage an eine Lanze gesteckt und triumphierend im Lager des Feindes umhergetragen. Man sagt, dass er später vor dem Zelt des Sultans aufgepflanzt wurde. Am Tage nach der Schlacht enthauptete man 1500 Gefangene, in der Mehrzahl Magnaten, vor den Augen des siegreichen türkischen Heeres. Der Sultan brachte seinen Götterns ihr Blut zum Opfer . . . Von den Gefangenen ließ man nur wenige am Leben.

Außer dem König fielen in der Schlacht von den Kirchenfürsten: László Szalkai (Erzbischof von Esztergom/Gran), Pál Tomori (Erzbischof von Kalocsa), Bischöfe: György Palinai (von Bosnien), Ferenc Csaholyi (von Csanád), Paksi Balázs Paksi (von Győr/Raab), Fülöp Csulai Móré (von Pécs/Fünfkirchen) und Ferenc Perényi (von Várad/Wardein). Von Magnaten: György Szapolyai (Graf der Zips, der zweite Befehlshaber), János Drágfi (Reichsrichter), Ferenc Ország (Oberster Hofmeister), Tamás Széchy, Gábor Perényi, Simon Horváth etc. Außer ihnen fielen noch ungefähr 500 adlige Grundbesitzer. Vom Fußvolk blieben nicht mehr als 3-4000 am Leben, obwohl 12-13 000 in die Schlacht gezogen waren . . .

Der türkische Kaiser blieb einige Tage in der Nähe des Schlachtortes, dann

brach er gegen Buda/Ofen auf ohne Schutz und steckte es in Brand . . . Dann verwüstete er mit Feuer und Schwert Transdanubien zwischen der Donau und dem Balaton.

Esztergom/Gran wurde aber von einem Mann namens András Nagy, der Führer das Fußvolk des hiesigen Kapitels befehligt hatte, erfolgreich verteidigt, ebenso wie Visegrád, wo man die königliche Krone aufbewahrte, von Bauern und Mönchen verteidigt wurde . . .

Nachdem Transdanubien von der Mündung der Drave bis zur Raab verwüstet hatte und auch die entfernt wohnenden, die Wiener, in Schrecken versetzt hatte, überschritt der Sultan bei Pest die Donau, nachdem er eine Brücke geschlagen hatte, und begab sich in die Donau-Theiß-Ebene. Dort sandte er seine Soldaten nach allen Richtungen aus, um ähnliche Verheerungen anzurichten wie in Transdanubien, und ließ alle, die nicht über die Theiß geflohen waren, niedermetzeln oder gefangennehmen. Nachdem er sich in dem unglücklichen Lande zur Genüge ausgetobt hatte . . . kehrte in sein Reich zurück, da ihn ein Kleinasien ausgebrochener Aufstand nach Hause rief.

Übersetzt aus dem originalen Lateinischen De conflictu Hongarorum cum Turcis von István Brodarics (1490-1539)

Erschien in „Ungarns Geschichte und Kultur in Dokumenten“ (Hrsg. Julius von Farkas, Wiesbaden, 1955. 45-49)

Quelle

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