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„Zeit zu gehen ?!“

21. Oktober 2024  Interview mit Viktor Orbán in der Sendung von „Rádió Kossuth“, 18. 10. 2024

Der Konflikt zwischen Budapest und Brüssel ist auch parteipolitisch eskaliert. Die Europäische Volkspartei hat ein Posting in den sozialen Medien veröffentlicht, das Viktor Orbán auf rotem Hintergrund mit der Überschrift „Zeit zu gehen“ zeigt. Das hat die größte Parteienfamilie in der Europäischen Union noch nie so offen gesagt. Wie bewerten Sie diese Wendung, diesen Schritt? Worauf lässt er sich dies überhaupt zurückführen?

Viktor Orbán: Die Tatsache, dass Europäische Volkspartei meinen Rücktritt in Ungarn und damit einen Regierungswechsel fordert, hat natürlich mit dem Krieg zu tun, aber auch mit vielen anderen Dingen. Die Europäische Volkspartei stellt sich ein Europa vor, das schlecht für die Ungarn ist. Und wir, die Regierung, kämpfen schon seit Jahren dagegen an. Die Europäische Volkspartei hat wirklich eine neue Stufe erreicht. Das letzte Mal haben wir sie in der Debatte im Europäischen Parlament letzte Woche oder vor zwei Wochen gesehen, als sie ihre eigene Forderung ankündigten. Sie sagten, die Fidesz-Regierung sollte gehen und diese neue Partei, die TISZA sollte kommen. Die TISZA gehört zur Europäischen Volkspartei, lasst die neue Partei kommen, und lasst die alte Regierung ihre Politik, die Brüssel nicht gefällt, mitnehmen, und

lasst die neue Regierung eine Politik machen, die Brüssel gefällt. Also soll sie die Migranten reinlassen, in den Krieg eintreten, die Gender-Ideologie akzeptieren und das Kinderschutzsystem in Ungarn abschaffen. Und sie haben auch eine Menge wirtschaftlicher Forderungen, ihre multinationalen Unternehmen nicht zu besteuern, ihre Banken nicht zu quälen.

Also das, was wir kennen. Dieser Kampf dauert schon seit Jahren an. Es ist in der Tat so, dass Brüssel hier eine seinerseits als Statthalter ernannte, als Beauftragte hierher entsandte Regierung an der Stelle der jetzigen Regierung sehen will. Nun, das werden dann die Ungarn entscheiden. Und das wird noch lange dauern, bis es soweit ist, es sind noch mehr als anderthalb Jahre Zeit dafür übrig. Statt Wahlkampf zu machen, würde ich jetzt lieber sagen, wir sollten arbeiten und unsere Politik, die sich von der Brüsseler Politik unterscheidet, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Außenpolitik zum Erfolg führen. Und das ist unsere richtige Antwort. „Bakfitty”, im Sinne von Pustekuchen, heißt es in einem Petőfi-Gedicht, oder so ähnlich in den Jahren 1848-49. Nicht dass die Deutschen sagen, was in Ungarn sein soll!

Wir werden gleich auch noch über die Wirtschaftspolitik sprechen, aber Sie haben erwähnt, dass diese Schlacht schon seit Jahren andauert. Was könnte der Grund dafür sein, dass sie sich jetzt zugespitzt hat?

Nun, es gibt Probleme in der Europäischen Union, und genau diese Probleme stellen die größte Herausforderung dar, und Ungarn reagiert darauf anders. Ungarn allein sollte also kein Thema mehr sein. Ein Land mit zehn Millionen Einwohnern. Unser Bruttosozialprodukt ist nicht das höchste in der Europäischen Union. Nicht wir haben die größte Armee, nicht wir haben den größten Einfluss, also kann man uns auch gleich in Ruhe lassen. Sie könnten sagen, na ja, so machen sie es eben, und dann werden wir am Ende sehen, wer besser abschneidet. Es könnte sogar auch ein ehrlicher, fairer und gerechter Wettbewerb sein.

Das Problem ist, dass sich in der Zwischenzeit herausstellt, dass das,

was wir in Ungarn tun, ziemlich genau dem entspricht, was die Menschen in Europa zu Hause gerne sehen würden,

und dass das, was ihre eigene Regierung tut, das Gegenteil davon ist. Die Situation ist also heute so, dass alle in Europa gegen die Migration sind. Vielleicht übertreibe ich, und es mag immer noch Kräfte geben, die für die Migration sind, aber niemand außerhalb der Regierungen ist heute für die Migration. Kein normaler Mensch in Brüssel oder in Europa tut das. Sie würden ihren halben Arm dafür geben, wenn sie die gleiche Situation mit der Migration hätten wie wir hier. Es ist also eine Tatsache, dass es in einem Land keine Migrationskrise gibt, weil wir sie nicht hereinlassen, während sie mit dem Kopf gegen die Wand schlagen und sich fragen, wie sie so unglücklich sein können, dass sie Millionen von Migranten hereingelassen haben, mit denen sie jetzt nichts anfangen können und die einfach immer weiter nur kommen und kommen und kommen.

Ungarn ist also in den Augen der europäischen Bevölkerung ein Beispiel gegen ihre eigenen Regierungen.

Oder wie kommt es, dass Ungarn, das bei weitem nicht das reichste Land in der Europäischen Union ist, das Land ist, in dem die Familien die niedrigsten Preise für Strom und Gas und für die Nebenkosten im Allgemeinen zahlen? Warum ist das so? Und warum kann das nicht auch in ihrem Land so sein? Hier ist Ungarn mit seinen 10 Millionen Einwohnern und der Leistungsfähigkeit, die es hat, und hier ist Deutschland mit 84 Millionen Einwohnern und Frankreich mit 60 oder so Millionen Einwohnern und seiner riesigen Industriemacht, warum ist es so, dass sie in Ungarn weniger zahlen? Die Menschen sind nicht blöd, also stellen sie diese Frage.

Warum stecken ihre Regierungen bis zum Hals im Krieg, während Ungarn auf der Seite des Friedens steht, auf der auch die Mehrheit der Menschen in Europa steht. Ich denke also, dass

Ungarn, da wir im Moment allein sind, den europäischen Regierungen ein Dorn im Auge ist, ein Dorn im Auge, der die europäischen Regierungen in eine unangenehme Lage bringt.

Ich versuche übrigens, die Bedeutung dessen zu reduzieren. Ich versuche, diskret an der Wand entlangzuugehen, und ich provoziere sie nicht, ich will nur, dass sie uns in Ruhe lassen, damit wir die Dinge so tun können, wie es für uns am besten ist. Aber die Staats- und Regierungschefs spüren die Herausforderung, dass es nicht nur um Ungarn geht, sondern dass die europäische Politik, die Wirtschaftspolitik, die Militärpolitik, die Energiepolitik, all diese Dinge, die Migrationspolitik, anders gemacht werden könnten.

Und das größte Problem mit uns ist, dass wir erfolgreich sind. Wir schauen uns also die Wirtschaft an und sagen: Deutschland stagniert. In Ungarn wird es ein Wachstum um 1,5-1,8% geben. Nächstes Jahr werden wir ein Wachstum von drei Prozent haben, während überall von Stagnation gesprochen wird, also dass es kein Wachstum geben wird. Also genauso kann ich Ihnen tausend Beispiele nennen. Die Migration, zum Beispiel. Warum muss ein Franzose oder ein Deutscher Angst haben, dass er sein Kind abends nicht mehr auf die Straße rauslassen kann? Warum muss man bei einer großen Gemeinschaftsveranstaltung aufpassen, was in der Menge passiert? Woran liegt es, dass die Kriminalität zunimmt?

Wie kommt es, dass die Menschen unter der Bedrohung des Terrorismus leben, während es in Ungarn nichts von alledem gibt?

Die Wahrheit ist also, dass wir, ohne es selbst zu wollen, eine Herausforderung für die anderen bedeuten, die ich versuche, irgendwie unter dem Teppich zu halten, indem ich mich zurückhalte, weil wir nicht daran interessiert sind, uns auf die Brust zu klopfen und anzugeben, sondern sicherzustellen, dass wir unser eigenes Leben auf unsere eigene Art und Weise führen können, so wie es uns gefällt. Aber wie dem auch sei, so ist es nun einmal, und die Europäische Volkspartei hat alles auf eine Karte gesetzt. Wir haben sie dort gelassen, weil das, was sie von Ungarn verlangten, unhaltbar war, weil jeder, der der Europäischen Volkspartei beitritt, offensichtlich gegen die Interessen der ungarischen Gesellschaft, so wie sie heute existiert, ist. Sie haben eine Partei gefunden, die beigetreten ist, und jetzt wollen sie sie an die Macht bringen und mit ihr ein Programm umsetzen, das Ungarn abgelehnt hat, weil es schlecht für die hier lebenden Menschen wäre. Das ist die Schlacht, die hier ausgefochten wird. Es gibt nicht nur Innenpolitik, sondern auch in Brüssel geschieht ungarische Innenpolitik.

Ministerpräsident Viktor Orbán wurde von Zsolt Törőcsik am 18. Oktober 2024 für die Sendung „Jó reggelt Magyarország “ von Kossuth Rádió interviewt. Auszug aus dem Interview .

MAGYARUL: https://miniszterelnok.hu/orban-viktor-interjuja-a-kossuth-radio-jo-reggelt-magyarorszag-cimu-musoraban-2024-10-18/

Quelle

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