6. Mai 2025 Die Tagespost von Tamás Fonay
Ein aufopferungsvolles Leben im Schatten von Diktaturen, Weltkriegen und historischen Traumata – ein Porträt von Kardinal József Mindszenty zu seinem 50. Todestag.
Am 6. Mai 2025 jährt sich zum 50. Mal der Todestag von József Mindszenty, ungarischer Kardinal, Erzbischof, letzter Fürstprimas von Ungarn und Symbolfigur des Widerstandes gegen die kommunistische Diktatur. Er ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der jüngeren ungarischen Geschichte. Sein Name und sein Leben sind oftmals selbst jenen bekannt, die sich nicht für Geschichte oder die katholische Kirche interessieren. Sie kennen die Geschichte über seine Inhaftierung und Folter, die vielen Jahre, die er in der amerikanischen Botschaft in Budapest und schließlich fern der Heimat im Exil verbringen musste. Sein Leben ist bis heute ein Beispiel für die Bedeutung von Beharrlichkeit und den Dienst in der Hoffnung auf ein höheres Gut.
Sein Leben
Mindszenty wurde am 29. März 1892 als József Pehm geboren. Seine Eltern waren Weinbauern und Landwirte, er hatte sechs Geschwister, drei verstarben bereits im Kindesalter. Er beendete die 5. Klasse der Grundschule in Mindszent, setzte seine Studien am Prämonstratenser-Gymnasium in Szombathely (Steinamanger) fort und bewarb sich nach dem Abschluss als Student im Priesterseminar des Bischofs von Szombathely. 1915 wurde er zum Priester geweiht, ab 1917 arbeitete er als Religionslehrer am Gymnasium in Zalaegerszeg (Egersee) sowie als Redakteur für das Wochenblatt des Komitats Vas.
Nach dem Zerfall der Doppelmonarchie übernahm Mihály Károlyi im Oktober 1918 die Macht. József Mindszenty kritisierte die neue Regierung in Zeitungsartikeln und leitete ab Anfang 1919 die Wahlkampagne der neugegründeten Christlichen Partei. Am 9. Februar desselben Jahres wurde er verhaftet und im bischöflichen Palais in Szombathely festgehalten. Auch nach der Machtübernahme durch den Kommunisten Béla Kun am 21. März blieb er in Haft und wurde erst am 15. Mai entlassen und unter Redeverbot gestellt, woraufhin er sich zunächst in seinen Heimatort zurückzog.
Nach dem Sturz der Räterepublik kehrte er nach Zalaegerszeg zurück, wo er am 1. Oktober zum Stadtpfarrer ernannt wurde. Dort initiierte er Schul- und Kirchenneubauten sowie die Gründung religiöser Vereine. Obwohl er dem Komitats- und Stadtrat angehörte, lehnte er weitergehende politische Ämter ab, um sich ganz der Seelsorge zu widmen. 1924 wurde ihm der Titel eines Titularabts, 1937 jener eines päpstlichen Hausprälaten verliehen. Während seiner 27 Jahre in Zalaegerszeg baute er 19 Kirchen, 7 Pfarrgebäude, 9 Gotteshäuser, 12 Schulen, förderte begabte junge Menschen und gründete ein Wohltätigkeitsheim sowie ein neues Pfarrhaus. 1939 wurde er Leiter des Nationalen Politischen Dienstes in Transdanubien, der im Auftrag von Ministerpräsident Pál Teleki den Einflüssen des Nationalsozialismus entgegenwirken und die christlichen Werte schützen sollte. Seinen deutschen Familiennamen legte er 1942 ab und nannte sich fortan nach seinem Geburtsort Mindszenty. Am 4. März 1944 wurde er von Papst Pius XII. zum Bischof von Veszprém (Wesprim) ernannt.
Am 31. Oktober desselben Jahres übergab er der nationalsozialistischen Pfeilkreuzler-Regierung persönlich ein Dokument mit dem Titel „Memorandum der Oberhirten der transdanubischen Region“, welches sich gegen die Zerstörung des Landes und die Verfolgung der Juden aussprach. Zwei Wochen später wurde er verhaftet und zusammen mit 26 Priestern und Geistlichen in das Gefängnis in Sopronkőhida (Steinambrückl) gebracht. Am 29. Dezember wurde er nach Sopron (Ödenburg) verlegt, wo er am 1. April 1945 beim Einmarsch der sowjetischen Truppen entlassen wurde.
Am 8. September 1945 ernannte ihn Papst Pius XII. zum Erzbischof und Fürstprimas von Esztergom (Gran), am 21. Februar 1946 dann zum Kardinal. In dem von Mindszenty initiierten Programm zur Wiederbekehrung Ungarns nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Gedanke der Sühne einen wichtigen Platz ein. Eines der herausragendsten ungarischen geistlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts war das von Mindszenty konzipierte und geleitete Jahr der Heiligen Maria, bei dem sich Hunderttausende von Menschen am Bischofssitz und in den Wallfahrtsorten versammelten. Er sprach sich von Anfang an gegen die sich anbahnende kommunistische Machtübernahme aus. Unter seiner Leitung gab der ungarische Episkopat gemeinsame Erklärungen heraus, in denen er jede Verletzung der Religions- und Gewissensfreiheit, der Bildung und der Kultur durch die Staatsführung anprangerte, die sich auf eine proletarische Diktatur zubewegte.
Am 26. Dezember 1948 wurde er im Beisein seiner Mutter verhaftet und wegen des Verdachts der Illoyalität, Spionage, Verbrechen gegen die Republik und Währungsmanipulation inhaftiert. Den Bericht, der ihm nach der Untersuchung vorgelegt wurde, unterzeichnete er nicht. Er wurde in das berüchtigte Hauptquartier der Staatssicherheit in der Andrássy-Straße 60 gebracht, wo er gefoltert und verhört wurde. In einem Schauprozess im Februar 1949 wurde Mindszenty zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Infolge seiner Krankheit und des außenpolitischen Drucks wurde er im Juli 1955 vom Gefängnis in den Hausarrest überstellt.
Nach dem Ausbruch der Revolution am 23. Oktober 1956 wurde er am 30. Oktober freigelassen. Am nächsten Tag traf er in Budapest ein, nahm sofort Gespräche mit kirchlichen und staatlichen Führern auf, empfing ausländische Delegationen und hielt Rundfunkansprachen. Am 4. November, nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen, beantragte und erhielt er Asyl in der amerikanischen Botschaft. Der ungarische Fürstprimas blieb fast 15 Jahre lang in der Botschaft. Mindszenty erklärte sich bereit, ins Ausland zu gehen, im Gegenzug aber forderte er, dass die Regierung die Entmündigung der ungarischen Katholiken lindere. Diese erklärte sich einverstanden, dass Mindszenty den Rest seines Lebens im Vatikan verbringen könne, sollte der Vatikan zusichern, dass der Kardinal sich nicht zu seiner Verurteilung und Inhaftierung, der politischen Lage in Ungarn und dem Zustand der ungarischen katholischen Kirche äußern und nach seiner Freilassung als Erzbischof zurücktreten würde. Die Delegierten des Vatikans lehnten diese Bedingungen zunächst ab, akzeptierten sie dann aber ohne Mindszentys Wissen.
Auf Wunsch von Papst Paul VI. verließ der Fürstprimas am 28. September 1971 die Botschaft und reiste nach Rom. Mindszenty lebte bis zum 23. Oktober 1971 im Vatikan und danach bis zu seinem Tod in Wien. Er sah es als seine Pflicht an, den Glauben und die Identität der in der ganzen Welt verstreuten Ungarn zu stärken und begann daher eine intensive Seelsorgearbeit. Am 1. November 1973 forderte Papst Paul VI. Mindszenty schriftlich zum Rücktritt auf, was dieser jedoch aus pastoralen Gründen nicht annehmen konnte. Am 18. Dezember erklärte der Heilige Vater das Amt des Erzbischofs von Esztergom trotzdessen für vakant. Mindszenty befolgte die Anordnung des Papstes und führte seinen Titel als Erzbischof nicht mehr, setzte seine pastorale Tätigkeit jedoch bis zu seinem Tod im Jahre 1975 fort.
Autor, Tamás Fonay, ist Projektkoordinator am Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit
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MAGYARUL Mindszenty JÓZSEF HERCEGPRÍMÁSRÓL: https://pazmaneum.katolikus.hu/?page_id=160