4. Mai 2025 CNA von Christian Peschken
Anlässlich des 50. Todestages des von Kommunisten verfolgten ungarischen Kardinals József Mindszenty am 6. Mai sprach Christian Peschken (EWTN) mit Tímea Nemesné Kis, der Kuratorin der Ausstellung in Ungarn, die das Leben des Geistlichen zeigt, der 25 Jahre lang in Zalaegerszeg diente und später zum Fürstprimas wurde.
- Wie beurteilen Sie das Vermächtnis von Kardinal József Mindszenty 50 Jahre nach seinem Tod? Welche Bedeutung hat er heute für Ungarn und die katholische Kirche?
Das geistige Erbe und die Vorbildfunktion des Gottesknechts József Mindszenty sind für die Mitglieder der ungarischen katholischen Kirche auch heute noch beispielhaft. Seit Papst Johannes Paul II. am 16. August 1991 Esztergom besuchte und das Grab von József Mindszenty in der Primizialkrypta der Basilika von Esztergom aufsuchte, findet jährlich eine Mindszenty-Wallfahrt in Esztergom statt, an der zahlreiche Gläubige teilnehmen.
Es ist allgemein bekannt, dass Kardinal Mindszenty bereits zu Lebzeiten von vielen als Heiliger verehrt wurde. Schon 1975, kurz nach seinem Tod, ehrten viele Pilger sein damaliges Grab in Mariazell mit Blumen, Kerzen, Kränzen und den Nationalfarben – und diese Tradition wird seit seiner Umbettung nach Esztergom im Jahr 1991 fortgeführt, nicht nur aus Ungarn, sondern aus der ganzen Welt. Doch nicht nur seine Grabstätten sind zu Pilgerzielen geworden: Straßen, Schulen und Institutionen in Ungarn und vielen Städten weltweit tragen heute seinen Namen – ein Zeichen seiner weitreichenden Verehrung.
Obwohl die ungarische Regierung bereits am 31. Oktober 1956 erklärte, dass alle Anklagen gegen Kardinal Mindszenty aus dem Jahr 1948 vollkommen unrechtmäßig waren, und am 18. Mai 1990 das freie ungarische Gericht seinen Prozess für nichtig erklärte, erfolgte seine vollständige rechtliche, moralische und politische Rehabilitierung erst im Jahr 2012. Dies geschah auf Initiative von Kardinal Péter Erdő, der die formale Wiederherstellung beantragte – Gott sei Dank ist sie nun erfolgt.
Am treffendsten bringt wohl das Rundschreiben der Konferenz der Ungarischen Katholischen Bischöfe aus dem Jahr 2012 zum Ausdruck, was die Kirche heute über Kardinal Mindszenty denkt. In diesem Schreiben betonen die Kommissionsmitglieder, dass sie sich 2006 offiziell dem Selig- und Heiligsprechungsverfahren angeschlossen haben, weil sie ihn für einen Heiligen halten. Das ist die wichtigste Aussage über Kardinal Mindszenty: Wir glauben fest an seine Heiligkeit und hoffen, dass die Kirche diese bald anerkennt.
- Das Mindszenty-Museum in Zalaegerszeg spielt eine zentrale Rolle bei der Bewahrung seines Andenkens. Wie trägt das Museum dazu bei, neue Generationen über sein Leben, seinen Glauben und seine Kämpfe aufzuklären?
Im Mindszentyneum, das 2023 in Zalaegerszeg eröffnet wurde, zeigt eine Dauerausstellung das Leben und die anhaltende Verehrung von József Mindszenty. Nicht zufällig trägt die Ausstellung den Titel „Ich brachte auch Liebe hierher“, denn wir wollten nicht nur die bedeutende historische Rolle des Kardinals zeigen, sondern auch den Menschen dahinter. Als Kuratoren war es unser Ziel, das bislang oft vereinfachte, abstrakte Mindszenty-Bild – insbesondere zur Zeit des Systemwechsels – zu nuancieren.
Wir arbeiten mit modernster, zum Teil einzigartiger technischer Ausstattung und Installationen, die auf ein erlebnisorientiertes Ausstellungskonzept abzielen – insbesondere um auch die jüngeren Generationen anzusprechen. Die Ausstellung ist generationenübergreifend konzipiert und berücksichtigt unterschiedliche Wissensniveaus: Sie bietet sowohl dynamischere, für Jugendliche aufbereitete Inhalte, als auch tiefgehende, reich belegte Informationen mit problematisierenden Ansätzen.
- Mindszenty war ein Symbol des Widerstands gegen sowohl nationalsozialistische als auch kommunistische Unterdrückung. Welche Lehren lassen sich aus seinem Leben für die heutige Welt ziehen, in der religiöse und politische Freiheiten weiterhin bedroht sind?
Papst Johannes Paul II. betonte 1991, dass Kardinal Mindszenty ein strahlendes Zeugnis der Treue zu Christus und seiner Kirche sowie der Liebe zur Heimat hinterlassen hat. Diese Aussage ist heute genauso aktuell. Mindszenty war – und ist – ein verlässlicher moralischer Kompass. Diese Geisteshaltung müssen wir nicht nur bewahren, sondern auch an kommende Generationen weitergeben.
Aus ungarischer Sicht ist er zweifellos ein nationaler Held, der keine Angst hatte, für die Verfolgten – ob wegen ihres Glaubens oder ihrer politischen Ansichten – einzustehen. Es wäre wünschenswert, wenn auch heute Menschen ähnlich mutig für benachteiligte oder verfolgte Gruppen eintreten würden. Mindszenty war Zeit seines Lebens ein unerschütterlicher Verteidiger der Wahrheit – unabhängig vom jeweils herrschenden politischen System. Er stand für die ewige Wahrheit des Gebots „Du sollst nicht töten“. So sprach er sich u. a. gegen die Vertreibung der Donauschwaben, die Verfolgung der Juden und den Versuch der stalinistischen Diktatur aus, Religion und Kultur zu vernichten. In all dem leitete ihn dieselbe Überzeugung. Ich denke, wir dürfen nicht schweigen, wenn es um den Glauben und das Leben geht.
- Wie hat sich die Haltung des Vatikans gegenüber Mindszenty im Laufe der Jahre entwickelt, insbesondere im Hinblick auf seine Seligsprechung? Glauben Sie, dass wir seine Heiligsprechung bald erleben werden?
Ich glaube fest daran, dass ich seine Heiligsprechung noch erleben werde – ich wünsche es mir sehr. Aber es ist nicht nur mein Wunsch, sondern auch jener vieler Gläubiger in Ungarn und weltweit.
Das Verfahren zur Heiligsprechung wurde bereits am 19. März 1994 im Zentralseminar in Budapest eröffnet. 2012 bestätigte die ungarische Bischofskonferenz offiziell ihre Bitte um Selig- und Heiligsprechung des Kardinals. Ende 2016 wurde die sogenannte Positio – eine technische Zusammenfassung des Verfahrens – abgeschlossen und von den theologischen Fachleuten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse geprüft. Am 14. Juni 2018 fand eine Sitzung der theologischen Gutachter der Kongregation statt, in der Mindszentys Heiligkeit einstimmig und mit großer Hochachtung anerkannt wurde.
Schließlich autorisierte Papst Franziskus Kardinal Angelo Becciu, den damaligen Präfekten der Kongregation, ein Dekret zu veröffentlichen, das die heroischen Tugenden des Gottesknechts József Mindszenty offiziell anerkennt. Das war ein bedeutender Moment für uns in Ungarn!
- Wenn Kardinal Mindszenty heute leben würde – welche Botschaft hätte er wohl für Ungarn, Europa und die weltweite katholische Gemeinschaft?
Ich bin sicher, er würde uns immer wieder dazu ermutigen, Gott, die Kirche, unser Vaterland und unsere Mitmenschen zu lieben. Er war eine charismatische Persönlichkeit, die selbst in den schwierigsten Jahren der Diktatur Menschen bewegen konnte. Wenn ich einen Gedanken besonders hervorheben müsste, wäre es wohl seine Sorge um die ungarische Nation: Während seines Exils, als er ungarische Gemeinschaften weltweit besuchte, sagte er oft: „Lasst uns unseren Glauben bewahren, aber auch unsere Vergangenheit und unsere Traditionen, denn nur so kann eine Nation eine Zukunft haben.“
Er betonte immer wieder: Wir sind die Blätter eines gemeinsamen, großen und alten Baumes – vielleicht ist das seine schönste Botschaft, nicht nur für die Ungarn.
Quelle: CNA – Catholic News Agency https://de.catholicnewsagency.com/article/2767/treu-bis-zum-ende-das-bleibende-vermachtnis-von-kardinal-mindszenty
Mindszentyneum, 8900 Zalaegerszeg, Batthyány Lajos utca 4-6. https://mindszentyneum.hu/